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Katalog/Catalogue - deutsch/englisch

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war der konkrete Akt des Fotografierens an sich. Es blieb mir nichts<br />

anderes übrig, nachdem ich alles andere vergessen hatte.“<br />

Menschen bemühen sich immer um eine kohärente Wahrnehmung<br />

der Welt. Sie unterscheiden zwischen Landkarte und Land, lesen<br />

Verbindungen und Beziehungen zwischen den Dingen heraus und<br />

schöpfen dann aus den dergestalt arrangierten Einzelheiten eine<br />

Bedeutung. Die Wahrnehmung von Menschen ist von vornherein auf<br />

die Erlangung von Bedeutung konditioniert. Allerdings lässt sich eine<br />

solche Suche nach Bedeutung ohne Erinnerungen nicht durchführen.<br />

Wenn daher das Gedächtnis beschädigt ist, kann Bedeutung keine<br />

Form annehmen. Nakahiras Ambitionen richteten sich stets auf die<br />

Welt, bevor sie eine Bedeutung zugesprochen bekommen hatte,<br />

doch erst seine Krankheit ermöglichte ihm diese Erfahrung. Getrennt<br />

von Zeit und Gesellschaft, bewegte er sich während der vieldeutig<br />

unsicheren Zeitspanne, in der er sein Ich und sein Gedächtnis verloren<br />

hatte, auf einer horizontalen Linie, wo kein Begriff von einer vergehenden<br />

Zeit und einem unmittelbaren Zeitpunkt entstehen konnte,<br />

indem er von einer Zeitinsel zur nächsten sprang. Noch dazu waren<br />

diese Inseln leer und entvölkert. Doch diese leeren Inseln waren voll<br />

von lärmenden Dingen. Während er also von einer entvölkerten Insel<br />

zur nächsten sprang, gewann er durch das Fotografieren von Moment<br />

zu Moment ein neues Gedächtnis zurück.<br />

Sein jüngstes Werk Genten Fukki: Yokohama (Rückkehr zum Ausgangspunkt:<br />

Yokohama, 2003) ist eine Sammlung solcher Bemühungen.<br />

Zahlreiche Bruchstücke, Persönlichkeiten und „Ichs“ sind<br />

hier kompliziert miteinander verwoben. Zahlreiche Erinnerungen sind<br />

im Aufruhr. Das Auge, das versucht, diese Bewegungen mit aller Kraft<br />

zu erfassen. Das Auge, das auf einen bestimmten Lichteinfall reagiert.<br />

Das Auge, das schließlich selbst zur Kamera wird. Nakahiras heutige<br />

Fotos sind von einem solchen Auge festgehalten worden.<br />

Yoko Ono übersiedelte im Jahr 1953, ein Jahr, nachdem Okamoto<br />

seinen Aufsatz Dialog mit der Vierten Dimension – Von der Keramik<br />

der Jomon-Zeit veröffentlicht hatte, mit ihrer Familie nach Amerika.<br />

Sie studierte an der Sarah Lawrence Universität Poesie und Komposition,<br />

stieß ab 1959 in New York zur Kunstrichtung „Fluxus“ und<br />

entfaltete ab 1960 avantgardistische Aktivitäten auf mehreren künstlerischen<br />

Gebieten. Besonders bekannt wurde ihr Werk Grapefruits,<br />

1964, eine Anthologie aus kurzen, epigrammatischen Texten, die als<br />

Vorläufer der conceptual art besondere Wertschätzung erfuhr. 1969,<br />

am Höhepunkt des Vietnamkriegs und kurz nach ihrer Heirat mit<br />

John Lennon, veranstalteten sie in Amsterdam den Event Bed-in for<br />

Peace. Die beiden luden zu einer Pressekonferenz in ihrem Schlafzimmer,<br />

wo sie nur mit Pyjamas bekleidet gewaltlosen Widerstand<br />

gegen das Establishment zum Ausdruck brachten. Ihre direkten<br />

Forderungen nach Frieden setzt Ono bis heute fort, wenn sie etwa<br />

as islanders’ graves, which varied considerably<br />

according to the age: open-air graves, burials and<br />

very recently cremation, truly a mix of many different<br />

styles. A confluence different from either Ryukyu<br />

culture or ‘mainland’ Japanese culture, yet wholly<br />

dissolved into nature. Grave sites covered in beautiful<br />

flowers, earthen dumplings offered out in the sunlight,<br />

not a trace of darkness in death. People here<br />

probably see death as a return to nature.”<br />

Turning his attention like Okamoto toward these<br />

transparent strata of Japan’s memory, trying<br />

to re-direct a more intuitive view of time and land,<br />

Nakahira unfortunately succumbed to acute alcoholism<br />

in 1977, and was given only a one-in-nine<br />

chance of surviving. Although he physically recovered,<br />

mentally he suffered retrogressive [degenerative]<br />

amnesia and verbal aphasia. Yet even<br />

robbed of speech and unable to talk, Nakahira was<br />

soon out of hospital and back photographing in<br />

Okinawa. Seemingly driven by the acuteness of his<br />

condition, in 1978 Nakahira published Okinawa:<br />

Shashin Genten 1 (Okinawa: Photography Degree<br />

Zero 1). As he himself put it, “The most reliable<br />

place for me to start was the very concrete act of<br />

photographing. I’d forgotten all else. It was the only<br />

thing for me to do.” People always try to perceive<br />

a coherent world view. They distinguish map from<br />

territory; they try to find connections and relations<br />

between things, and thereby read meanings into<br />

them. Human perceptions are pre-conditioned to<br />

yield meanings, though the pursuit of meanings<br />

proves impossible without memory. For if memory<br />

functions are impaired, meanings cannot take shape.<br />

Nakahira aspired to a world prior to meanings when<br />

his illness gave him that very experience. Cut off<br />

from current events and society to drift in an uncertain<br />

eternal present without self or memory, a<br />

horizon where sequential linear time does not arise,<br />

he forced himself to jump from one floating moment<br />

to the next, each deserted island of time teaming<br />

with countless hidden things, meanwhile using the<br />

practical technique of photographing to acquire new<br />

memories with each leap.<br />

These efforts all come together in his recent Genten<br />

Fukki: Yokohama (Degree Zero: Yokohama, 2003),

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