Katalog/Catalogue - deutsch/englisch

Wissen + Fühlen/oben + unten:
ein Codesystem für Form und Bedeutung
Das japanische Wort „chikaku“, oft mit Wahrnehmung übersetzt,
ist aus zwei Wörtern zusammengesetzt: aus „chi“, was
soviel bedeutet wie „wissen“, und „kaku“, „fühlen“. „Chi“ ist in
Wörtern wie „chishiki“ (Wissen), „chie“ (Weisheit) und „chinou“
(Intelligenz) enthalten und bezeichnet das rationale Denken.
Im Gegensatz dazu bedeutet „kaku“ das Spüren mit den fünf
Sinnen wie in „kankaku“ (Sensibilität), „mikaku“ (Geschmack)
und „genkaku“ (Halluzination). In gängigen Wörterbüchern
findet man für „chikaku“ zwei Bedeutungen:
1 Wissen und Verstehen erlangen durch den Intellekt
2 Dinge und Ereignisse der Außenwelt als etwas Integrales
und Bedeutungsvolles zu begreifen durch die Stimulanzhandlung
der Sinnesorgane (aus: Daijirin)
Um es einfach zu sagen, „chi“ deutet ein logisches Verständnis
der Außenwelt an, während „kaku“ auf deren sinnliches
Erkennen verweist. In „chikaku“ finden „Verstehen“ und „Fühlen“
gleichzeitig statt. Die Wolken am Himmel betrachten und ihre
Schönheit empfinden, um im nächsten Moment sich zu fragen,
wie es möglich ist, dass diese Wolken überhaupt am Himmel
schweben, während man weiter träumt und die Wolken ihre
Gestalt ändern. Dieses unmittelbare Hin und Her zwischen
„chi“ und „kaku“ stellt den endlosen Wechselprozess dar – wie
der flimmernde Bildschirm eines Monitors –, der die Gesamtheit
dessen, was wir als „Erkennen“ bezeichnen, hervorbringt.
Der Umgang mit dem Dreidimensionalen und dem Zweidimensionalen
durch die Trennung von oberer und unterer Ausstellungsebene
stellt ohne Zweifel eine Trennung der beiden Aspekte
dieser einen gleichzeitig stattfindenden Handlung dar, die
sich dann wieder überlagern. (Unnötig zu erwähnen, dass die
Elemente des einen jeweils im anderen enthalten sind.)
Wie es das aus „chi“ und „kaku“ zusammengesetzte japanische
Wort ausdrückt, stellt die Gestaltung der Ausstellung mit den
beiden Elementen „oben“ und „unten“ ein Moment von „chikaku“
dar. So sind auch die japanischen Schriftzeichen immer angeordnet
worden: nicht horizontal, sondern vertikal, eines über
dem andern.
Die geschriebene japanische Sprache ist eine Kombination
von ideografischen „kanji“- und phonografischen „kana“-Zeichen.
Makoto Sei Watanabe 46 47
1 To achieve knowledge and understanding through the
intellect
2 To grasp events and things in the external world as
something integrated and meaningful through the stimulant
action generated by the sensory organs (from Daijirin)
To put it simply, “chi” strongly infers a logical understanding
of the external world while “kaku” infers a sensory
recognition of the external world. In “chikaku”, “reading”
and “sensing” take place simultaneously. Looking up at
the clouds in the sky and thinking how beautiful they
are and then in the next moment wondering how these
clouds manage to float in the sky, meanwhile continuing
to revel in the clouds which continue to change shape and
form. The instantaneous moving back and forth between
“chi” and “kaku” represents a never-ending switching
process – like the flickering screen of a monitor – that
creates the overall image that is “recognition”.
The addressing of the three-dimensional and the twodimensional
by separating them into the upper and lower
levels in this exhibition arguably represents a separation
of the two aspects of the single action that take place
simultaneously and then, once again, superimposing one
onto the other. (Needless to say, the components of both
are included in both.)
As expressed by the Japanese word formed by the characters
for “chi” and “kaku”, the exhibition design also
forms an instance of “chikaku” through the two elements
of “upper” and “lower”. That‘s how these Japanese script
characters have always been arranged — not horizontally,
but vertically one above the other.
The Japanese written language is a combination of the
ideographic writing “kanji” and the phonographic writing
“kana”. As each of the “kanji” characters – imported
from China around 1600 years ago – has its own meaning,
the form and meaning of “kanji” is perceived as
something that is inextricably linked. Meanwhile, “kana”
characters which were developed in Japan around 1100
years ago simply express sound and therefore have no
relationship to form or meaning.
For example, when looking at the “kanji” for “water”
the character conveys the image and concept of water