Katalog/Catalogue - deutsch/englisch
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äußerst reale Folgen für unser Leben, ob zum Guten oder zum<br />
Schlechten. Wenn man die Kunst als davon völlig unabhängig ansieht,<br />
ergibt sich jene sinnlose Kunst um der Kunst willen der heutigen<br />
Zeit.“ (aus: Dialog mit der Vierten Dimension – Von der Keramik der<br />
Jomon-Zeit). Okamoto war überzeugt, dass die Kunst verschwinden<br />
würde, wenn sie nicht auf der Konfrontation mit den dringenden<br />
Problemen der Realität gründete. Er versuchte zu beweisen, dass<br />
der Weg, den die Kunst einschlagen müsste, in der Konfrontation<br />
mit zwar unsichtbaren und doch höchst realen Dingen liege und<br />
dass sie die Realität überwinden müsse ohne in Mystizismus zu verfallen.<br />
Dies offenbarte sich Okamoto unter anderem anhand der<br />
Jomon-Keramik. Indem er ihre Kunst hervorstrich, die in so markantem<br />
Gegensatz zu den ästhetischen Traditionen der folgenden<br />
Epochen stand, forderte er den Ausbruch einer lange verborgenen<br />
Geisteshaltung in der Gegenwart. Er kritisierte damit sowohl den<br />
westlichen Modernismus, der die japanische Kunst und Ästhetik im<br />
Hintergrund dominierte, als auch die formalistische japanische<br />
Ästhetik. Auch sollte man nicht unerwähnt lassen, dass Claude Lévi-<br />
Strauss in der Jomon-Keramik das Geheimnis der japanischen Kunst<br />
erblickte: „Es ist, als ob jedes Gefäß seine endgültige Form bereits<br />
in dem Moment erhält, in dem die kreative Energie erstmals hervorbricht.“<br />
(Vorwort zum <strong>Katalog</strong> der Ausstellung Jomon: l’art du Japon<br />
des origines. Paris: Maison de la Culture du Japon 1998)<br />
In den 1950er und 1960er Jahren unternahm Okamoto mehrfache<br />
Reisen durch ganz Japan, um die Tiefenschichten des japanischen<br />
Gedächtnisses zu erkunden, und dokumentierte die einzelnen<br />
Regionen in Text und Fotografie. Seine Feldforschungen, in denen<br />
er das kulturelle Gedächtnis freilegen wollte, mündeten in Werke wie<br />
Die Wiederentdeckung Japans (Nihon Saihakken), Mystisches Japan<br />
(Shinpi Nihon), Vergessenes Japan (Wasurerareta Nihon), mit denen<br />
er seine ganz persönliche Japan-Theorie kreierte. Über diese gedankliche<br />
Auseinandersetzung gelangte er schließlich nach Okinawa.<br />
Okamoto besuchte Okinawa zum ersten Mal im Jahr 1959. Was ihn<br />
dort am meisten beeindruckte, waren die so genannten „utaki“,<br />
heilige Orte, die durch keinerlei materielle Substanz gekennzeichnet<br />
sind. An diesen „utaki“, wo die Götter vom Himmel herabsteigen,<br />
gibt es weder eine Kultstätte noch einen sakralen Gegenstand noch<br />
eine Statue. Es sind lediglich freie, menschenleere Flächen im Wald,<br />
als ob jemand beiläufig eine Lichtung geschlagen hätte. Unter der<br />
unendlichen Weite des Himmels befanden sich dort lediglich schlichte<br />
Steinquader – ein Anblick, der Okamoto beinahe die Sinne schwinden<br />
ließ. Er verspürte erstmals eine atavistische Erinnerung, die tief<br />
verborgen in seinem Inneren geschlummert hatte.<br />
Seine bloße Anwesenheit konfrontierte ihn mit einer vitalen Zeit,<br />
genügte, um von einer rätselhaften Kraft, die tief mit diesem Ort<br />
those confronted by the Jomon people in their supernatural<br />
world.<br />
“This relates not simply to aesthetics. The atomic<br />
bomb explodes, setting two worlds in opposition<br />
and causing monstrous economic upheaval. All with<br />
very real consequences for our lives, just as spirits<br />
acted for good and evil in primitive society. The futility<br />
of today‘s art for art‘s sake lies in our dismissing<br />
these things as unrelated to art.” (Jomon Pottery:<br />
Conversation with the Fourth Dimension)<br />
Okamoto firmly believed that art was a lost cause<br />
unless it was grounded in coming to terms with this<br />
most ineluctable reality. Confronting this unseen<br />
yet all-too-real dimension without mystifying, but<br />
rather overcoming it was the way forward for art<br />
according to Okamoto.<br />
Jomon pottery was a revelation in that direction.<br />
By highlighting Jomon pottery which is so antithetical<br />
to traditional Japanese aesthetic forms from the<br />
later Yayoi period on, he was calling for the contemporary<br />
eruption of a long-overshadowed spirit. By<br />
doing so, Okamoto sought to criticise both Western<br />
modernism and formalistic Japanese tastes whose<br />
values had virtually dominated Japanese art and<br />
aesthetics. We should also note that no less than<br />
anthropologist Claude Lévi-Strauss praised the mysteries<br />
of Jomon pottery: “Each pot seems to have<br />
been shaped in the very instant its creative energies<br />
burst forth.” (Preface to the 1998 exhibition catalogue<br />
Jomon: l‘art du Japon des origines. Paris: Maison<br />
de la Culture du Japon 1998)<br />
From the 1950s into the 1960s, Okamoto travelled<br />
up and down the length of Japan in search of the<br />
underlying strata of Japan’s memories, recording<br />
his findings in photographs and writings. The results<br />
of this fieldwork, his photos and books Japan Rediscovered:<br />
(Nihon Saihakken), Mystic Japan (Shinpi<br />
Nihon), and Forgotten Japan (Wasurerareta Nihon)<br />
heralded a unique critique of Japan, an attempt to<br />
retrieve long-lost proto-Japanese memories. Eventually,<br />
these ideas led Okamoto to Okinawa.<br />
In 1955, on Okamoto’s first trip to Okinawa, he was<br />
thrilled to discover that the most sacred places<br />
to the Okinawans – spiritual sanctuaries known as