Katalog/Catalogue - deutsch/englisch
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Ohne die Entdeckung der Kraft, die in dem Kontrast zwischen dem,<br />
„was Japan ausmacht“ im Gegensatz zu dem, „was nicht Japan ist“,<br />
steckt, hätte die Gesamtheit der Kultur, an die Okamoto glaubte,<br />
nicht erreicht werden können; wenn für ihn ein Japan, das eine solche<br />
Widersprüchlichkeit in sich trägt, als übergeordnete Einheit möglich<br />
ist, dann weil genau das die Grundlage von Okamotos künstlerischer<br />
Selbstverwirklichung war. In diesem Zusammenhang ist Okamotos<br />
Aufenthalt in Okinawa, das zum intensivsten Schauplatz seiner<br />
unverwandten, ungetrübten Schau in das eigene Innere, der Suche<br />
nach dem Selbst wurde, die Okamoto den „Dialog mit der vierten<br />
Dimension“ nannte, höchst interessant.<br />
Im November 1959 kam Okamoto, Reisepass und Einreiseformulare<br />
in der Hand, in das unter amerikanischer Besatzungsherrschaft<br />
stehende Okinawa, um gerade einmal zehn Tage dort zu verbringen.<br />
Sein Werk Das vergessene Japan: Über die Kultur Okinawas, in dem<br />
er seine während dieses Aufenthaltes gemachten Erfahrungen in<br />
einem Atemzug niederschrieb und in dem die von ihm dort gemachten<br />
Fotografien ebenfalls veröffentlicht wurden, wird meist für eine der<br />
zahlreichen Beschreibungen Okinawas gehalten; viel eher als eine<br />
Beschreibung des „fremden Landes“ Okinawa, ist der Kern seines<br />
Buches allerdings Zeugnis der Kämpfe, die der Mensch Taro Okamoto<br />
auf der ihm alles bedeutenden Suche nach seinem Selbst ausfocht.<br />
Er wurde um Okinawa und die Sakishima-Inseln herumgeführt und<br />
war angesichts der dünnen Substanz berühmter Kulturdenkmäler<br />
der Shuri-Dynastie wie der Steinmetzkünste, Tsuboya-Keramik oder<br />
bingata“ enttäuscht.<br />
Auf der Insel Yaeyama, wo er zur Darbietung von traditionellen japanischen<br />
Volksliedern eingeladen wurde, langweilte er sich angesichts<br />
des einschmeichelnden, ornamentalen Klanges der dreisaitigen<br />
Sanshin, die der reinen Gesangsstimme beständig folgte, und erstaunte<br />
die Einheimischen mit seiner Bitte, doch den Gesang ohne Begleitung<br />
der Sansen hören zu dürfen. Als ein intellektueller Einheimischer sein<br />
Mitgefühl durch die Betonung der historischen Tragik der Kopfsteuer<br />
zu wecken versuchte, brüskierte Okamoto seinen Gesprächspartner,<br />
indem er ihm ins Gesicht sagt: „Kopfsteuer ist nichts, worauf Okinawa<br />
ein Monopol hätte. Jeder Mensch muss auf seine Weise seine eigene<br />
Kopfsteuer tragen.“<br />
Diese erstaunlich ablehnende Haltung gegenüber den als typisch für<br />
Okinawa angesehenen und gepriesenen, ja oft nostalgisch verehrten<br />
Dingen war jedoch keine Äußerung von Kritik. Vielmehr ist hierin das<br />
Streben Okamotos nach einer Einswerdung mit Okinawa als Äußerung<br />
seines ernsthaft suchenden Geistes zu sehen. Man könnte sogar sagen,<br />
dass diese Worte vom Prozess einer erschütternden Selbstfindung<br />
Ryuta Imafuku 66 67<br />
to be recalled to Japan by the prospect of war,<br />
Okamoto could only move forward by breaking<br />
free of tradition-tained preconceptions toward<br />
a “non-Japan” where he might discover a new self.<br />
For it was by tapping into the energised polarity<br />
of non-Japanese versus would-be-Japanese that<br />
Okamoto’s vision of culture attained an integrity<br />
and totality replete with contradiction; only such<br />
a heightened, multidimensional Japan in all its<br />
living, breathing vitality could provide Okamoto<br />
with a basis for his own artistic self-realisation. In<br />
this sense, it is particularly interesting to see how<br />
Okinawa provided Okamoto with the supreme<br />
platform for his burning self-gaze, his soul-searching<br />
“Conversation with the Fourth Dimension”.<br />
In November 1959, Okamoto went to the then-<br />
US Army occupied territory of Okinawa for a brief<br />
ten days, requisite immigration papers in hand,<br />
then quickly set down his experiences together<br />
with photographs in Forgotten Japan: Okinawan<br />
Culture, a work often relegated to the ranks of<br />
Okinawan studies, though in essence the book is<br />
really a record of Okamoto’s struggles to come to<br />
terms with himself as a whole human being. We<br />
see Okamoto being guided around Okinawa, visiting<br />
various different islands, his disappointment at the<br />
waning of important cultural properties — Shuri<br />
dynasty stone carving, Tsuboya ceramics, bingata<br />
stencil dyeing.<br />
Okamoto invited to a folk song fest at Yaeyama,<br />
where he is astounded by the liltingly embellished<br />
accompaniments on the sanshin three-stringed lute,<br />
and the sheer power of the solo voices. Okamoto<br />
unabashedly sympathising with the islanders and<br />
their tragic history of head taxation — “Head tax<br />
is not the island’s exclusive monopoly. All humans<br />
whosoever bear the brunt of head tax in some form<br />
or another” — which might on the surface seem a<br />
surprisingly harsh pronouncement on those “things<br />
Okinawan” he otherwise adulates with such nostalgia.<br />
Yet far from being critical, it reveals a soulstruck<br />
Taro Okamoto at one with Okinawa, fervent<br />
proof of how he discovered a seed of island culture<br />
within himself. Adding gentle commentary by way