Katalog/Catalogue - deutsch/englisch
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Wenn Okamoto schreibt, dass die Keramik der Jomon-Periode Ausdruck<br />
von Menschen ist, die sich, um zu überleben, mit zähem<br />
Willen in der Natur behaupten mussten, beziehungsweise von deren<br />
tragischer und vielfacettierter Spiritualität spricht, so ist es ein Irrtum,<br />
beim Wort „tragisch“ eine allzu romantische oder humanistische<br />
Implikation anzunehmen. Was Okamoto vorschwebt, während er<br />
Lévy-Bruhls Diskurs über die Gedankenwelt des Primitiven verfolgt, hat<br />
nichts mit den Konflikten heutiger Zeit zu tun; es ist vielmehr der in<br />
Übereinstimmung mit den materiellen Dingen und dem täglichen<br />
Leben an sich durchgeführte dynamische Prozess der Unterredung<br />
zwischen dem Menschen und der Welt des Übernatürlichen und der<br />
sich darin entfaltende grundlegende Drang, nach dem eigenen Selbst<br />
zu suchen, denn genau dies ist Okamotos Dialog mit der Vierten<br />
Dimension. In diesem Punkt zeigt folgende Aussage von Marcel Mauss,<br />
die auf Lévy-Bruhls Konzept der „Teilhabe“ basiert, deutliche Parallelen<br />
zu Okamotos Argumentation: „‚Teilhabe’ (participation) ist nicht einfach<br />
gleich Vermengung. Es setzt das Streben nach Vermengung<br />
voraus, ebenso wie das Bestreben, einander zu ähnlich zu werden.<br />
Vor allem anderen aber muss der Wille zur Verbindung da sein.“13<br />
Mauss’ Sichtweise von „Teilhabe“, was oftmals als Vermengung oder<br />
Durcheinander missverstanden wird, als grundsätzliches Streben der<br />
Menschen nach Vereinigung und Verbindung, fand ihre Bestätigung<br />
in Okamotos die Ethnologie im engeren Sinne übersteigenden Drang<br />
des Verstandes, nach der tieferen Wahrheit zu suchen, die hinter<br />
der menschlichen Gesellschaft steht: Etwas Unterschiedliches in sich<br />
aufzunehmen und durch diesen Unterschied eine Verbindung zu<br />
erlangen; dieser extreme Dialog mit der Vierdimensionalität ... Dass<br />
Okamoto als vielseitiger Künstler Mauss’ geistiges Vermächtnis weiterführte,<br />
ist anhand obiger Stelle deutlich sichtbar. Die Jomon-Keramik<br />
stieß durch seine Fähigkeit zum Dialog mit der „Magie“ als „vierter<br />
Dimension“, die als Ästhetikbewusstsein des modernen Menschen<br />
vorstellbar ist, zum ersten Mal in die Sphäre der Ästhetik vor. Was<br />
Okamotos Fotografien aufzeichnen, ist nichts anderes als das Zeugnis<br />
des hingebungsvollen Dialoges eines Menschen der Gegenwart<br />
mit der Vierdimensionalität.<br />
5 Okamotos Abhandlung über Fotografien von jomonzeitlicher<br />
Keramik war eine radikale, überaus gefährliche Bombe, die in die Welt<br />
der japanischen Kunst, die an die Realität und Kontinuität einer<br />
„traditionellen Ästhetik“ glaubte und die unter einem illusorischen<br />
Idealismus vergraben war, geworfen worden war. Trotzdem kann man<br />
nicht sagen, dass das Projekt der „japanischen Nachkriegskunst“<br />
durch diese entschlossene Äußerung Okamotos, in die er sein ganzes<br />
Herz als Künstler legte, ins Schwanken geraten wäre. Vielmehr tat<br />
Ryuta Imafuku 64 65<br />
ways far more concrete and real than anything<br />
we can imagine [...] We may definitely grasp the mental<br />
factors at the root of those strikingly tough mystic<br />
aesthetics: the tragically complex mental ambivalence<br />
innate to hunter-gatherer period living.”12<br />
Jomon pottery. Okamoto tells us, expresses the<br />
tragic mental complexes of human groups exposed<br />
to the elements in their stubborn will to survive,<br />
though the mention of “tragedy” wrongly suggests<br />
an excessively romantic or humanist tenor. What<br />
Okamoto imagines in invoking Lévi-Bruhl’s mentalité<br />
primitive is wholly unrelated to modern day conflicts,<br />
but rather consists in the very immediate<br />
daily exigencies of actively negotiating human life<br />
by entreating the supernatural world, a harsh<br />
self-searching fundamental drive to exist. Therein<br />
lies Okamoto’s Conversation with the Fourth<br />
Dimension.<br />
In this regard, Marcel Mauss’ comments on Lévy-<br />
Bruhl’s concept of “participation” have a profound<br />
resonance with Okamoto’s thesis: “‘Participation<br />
is no mere confabulation. It is premised in an effort<br />
to merge, to mutually liken. For from the very outset,<br />
there exists a will to unite.”13<br />
Mauss’ reading of a fundamental will to “unite” or<br />
“unify” into the easily misinterpreted concept of<br />
“participation” overstepped the confines of ethnology<br />
to lend credence to human society’s knowledgedriven<br />
quest for profound truths. The notion of<br />
embracing disparates in their common disparity, a<br />
fervent fourth-dimensional conversation ... Okamoto<br />
the total artist unquestioningly accepted this aspect<br />
of Mauss’ theoretic legacy in calling Jomon pottery<br />
into the arena of aesthetics by merit of their<br />
eloquence, a power to engage contemporary sensibilities<br />
in “magical” fourth-dimension conversation.<br />
Okamoto’s photographs of Jomon pottery document<br />
modern humanity’s vital dialogue with fourthdimensionality.<br />
5 Okamoto’s thinking and photographs of Jomon<br />
pottery came hurling like a bomb into the midst<br />
of a Japanese art world foresworn to the illusory