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Katalog/Catalogue - deutsch/englisch

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Arbeit „hineinschlüpft“, solange der saure Geschmack anhält.<br />

Aber ein starker Sinnesreiz allein macht eine Arbeit noch nicht<br />

zu Kunst. Wenn wir nur darauf abzielen, eine Erregung oder<br />

eine Resonanz hervorzurufen, dann wäre eine Achterbahn sicher<br />

von größerer Wirkung. Andererseits wäre es auch effizienter,<br />

eine Theorie in einer schriftlichen Arbeit abzuhandeln, wenn es<br />

um eine Beschreibung von „Sinn“ geht.<br />

Empfindungen dienen dazu, an die verschlossene Tür unserer<br />

Seele zu klopfen und, sobald die Tür geöffnet wird, den „Brief“<br />

mit dem „Inhalt“ zu überbringen. (Und wenn dieser „Brief“ in<br />

der geheimnisvollen „kanji + kana“-Schrift geschrieben wäre...)<br />

Wenn wir einen kleinen Stein auf der Straße liegen sehen,<br />

schmecken wir normalerweise nichts und verspüren auch keinen<br />

Schmerz noch sonst eine tief greifende Empfindung. Obwohl<br />

physikalisch zwischen der Zitrone und dem Stein kein großer<br />

Unterschied besteht, stimuliert der Anblick des einen Objektes<br />

die Sinne, während das andere keinerlei sensorischen Effekt<br />

hat. Obwohl die Arbeit von Tadashi Kawamata die Sinne nur<br />

zu einem gewissen Grad anspricht, weckt seine Arbeit Erinnerungen.<br />

Erinnerungen an eine Stadt, die wir irgendwo mal<br />

gesehen haben und die wir doch unmöglich gesehen haben<br />

können. Wir ertappen uns dabei, wie wir die Szenerie suchen,<br />

ohne unsere „Sinne“ zu durchforsten. Stattdessen durchsuchen<br />

wir die in unserem Hirn angelegte „Datenbank“, indem wir<br />

die „Anordnung“ in einen anderen Kontext setzen.<br />

In Watanabes Arbeit Fiber Wave I, die auf der Dachterrasse<br />

des Kunsthauses ausgebreitet ist, kommt ein anderes Verfahren<br />

zur Anwendung.<br />

Die Bewegung in der Arbeit stellt die Visualisierung von Wind<br />

dar, der normalerweise unsichtbar ist, und der Betrachter<br />

wird beim Anblick dieser Arbeit von einem Gefühl des Wohlbefindens<br />

erfasst. Aber diese Arbeit ruft weder Geschmack noch<br />

Schmerz noch sonst ein spezifisches Gefühl hervor (obwohl dies<br />

alles mögliche Empfindungen sind). In dieser Hinsicht gleicht<br />

Watanabes Arbeit der von Kawamata, aber der Unterschied<br />

besteht darin, dass Watanabes Arbeit keine „Datenbank“ benutzt.<br />

Erinnerungen sind unnötig. In dieser Arbeit wird stattdessen<br />

die „Natur“ benutzt.<br />

Die Rhythmen der Natur lösen bei vielen Menschen Wohlbefinden<br />

aus. Man denke an eine Brise, an das Rauschen eines<br />

Wasserfalls, an die sich verändernden Formen der Wolken oder<br />

Makoto Sei Watanabe 50 51<br />

“Sensation” is used to knock on the door of the closed<br />

soul and once the door is open the “letter” of “meaning”<br />

is posted. (And if that letter were written in the mysterious<br />

“kanji + kana” script...)<br />

If we were to see a small stone lying on the road, we<br />

normally would not taste anything nor feel pain or any<br />

particularly deep emotion. Although there is no great<br />

difference physically between the two objects of a lemon<br />

and a small stone, one stimulates the senses while<br />

the other has no sensory effect whatsoever. Although<br />

Tadashi Kawamata’s work only affects the senses to a<br />

small degree, his work does, however, awaken memories.<br />

Memories of a town that we have seen somewhere and<br />

yet could not possibly have seen. We find ourselves<br />

searching for the scene without sifting through our<br />

“senses” but instead searching through the memory<br />

bank that has been built up inside our brain by using a<br />

method in which the context of “arrangement” is altered.<br />

Watanabe’s Fiber Wave I that unfolds on the Kunsthaus’<br />

roof terrace adopts another method.<br />

The movement of the work represents a visualization<br />

of wind, which normally cannot be seen, and the viewer,<br />

seeing this, experiences a sense of well-being. This work,<br />

however, does not evoke a specific emotion nor does<br />

it generate taste, feeling or pain (although these are all<br />

possible). From this aspect, Watanabe’s work is similar<br />

to Kawamata’s but the difference lies in the fact that<br />

Watanabe’s work does not use a memory bank. Memories<br />

are unnecessary. What is used in this work is “nature”.<br />

The rhythms of the natural world produce a feeling of<br />

well-being in many people. Think of a breeze, the sound<br />

of a waterfall, the changing shapes of clouds or the colors<br />

of the sunset (although there are always exceptions).<br />

One can explain this by citing reasons such as the rhythms<br />

of change in such natural phenomena represent 1/f<br />

fluctuation or fractal-based patterns. On the other hand,<br />

however, an evolutionary biologist would probably say<br />

that, over the several hundred thousand years (or more)<br />

that we have lived with the wind, only those with brains<br />

that recognize the blowing wind or breeze as representing<br />

a sense of well-being have survived.

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