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48 4 Versuchstierhaltung<br />
zu untersuchenden Krankheit ablaufen. Um solche Tiermodelle zu erzeugen, wird das Erbgut der<br />
Versuchstiere gentechnisch so verändert, dass sie besonders anfällig für die zu erforschende<br />
Krankheit werden. Inzwischen existieren eine Reihe gentechnischer Verfahren, mit denen sich der<br />
Gencode von Mäusen gezielt verändern lässt, wie z. B. die Mikroinjektion in befruchtete Eizellen,<br />
der Gentransfer in embryonale Stammzellen und das sogenannte Gene-Targeting mittels als Vektoren<br />
eingesetzter Viren. Dabei wird zwischen transgenen Mäusen, denen ein fremdes Gen zusätzlich<br />
oder an Stelle eines eigenen Gens eingefügt wird, und Knock-out-Mäusen unterschieden,<br />
bei denen die Funktion eines körpereigenen Genes abgeschaltet wird (Riewenherm 1999). Da diese<br />
Verfahren bei anderen Tierarten nicht oder nur unzuverlässig funktionieren und die genetische<br />
Ähnlichkeiten zwischen Mäusen und Menschen am ehesten Rückschlüsse von den Tierexperimenten<br />
auf humanpathologische oder -physiologische Prozesse erlaubt, handelt es sich bei Tiermodellen<br />
überwiegend um gentechnisch veränderte Mausstämme. Andere Spezies, z. B. gentechnisch<br />
veränderte Ratten, besitzen derzeit nur eine untergeordnete Bedeutung. Möglicherweise werden in<br />
der Zukunft jedoch andere Versuchstierarten Mäuse als Tiermodelle ablösen.<br />
Für eine Vielzahl von Krankheiten können Mausmodelle von kommerziellen Anbietern fremdbezogen<br />
werden (vgl. Eberle 2002). Dennoch gehört auch die Entwicklung neuer gentechnisch veränderter<br />
Mausstämme zu den originären Forschungsinteressen der Molekularen Medizin. Solche<br />
Versuche erfordern regelmäßig eine größere Zahl von Versuchstieren, da die gentechnisch veränderten<br />
Tiere nicht nur in mehreren Generationen vermehrt, sondern auch mit unterschiedlichen<br />
Versuchen auf die Eigenschaften ihres Phänotyps getestet werden müssen.<br />
Der Boom der Molekularen Medizin hat zu einem Strukturwandel in der tierexperimentellen Forschung<br />
an den <strong>Hochschul</strong>en geführt. Mit der Weiterentwicklung der Gentechnik erschließen sich<br />
laufend neue biomedizinische Forschungsfragen für tierexperimentelle Untersuchungen mit gentechnisch<br />
veränderten Tiermodellen. Allerdings ist zurzeit nicht zu erkennen, inwieweit sich diese<br />
qualitative Veränderung in einer Zunahme der insgesamt eingesetzten Versuchstiere niederschlägt.<br />
Während in der Tierversuchsstatistik des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung<br />
und Landwirtschaft im Jahr 2001 ein Anstieg der in der Grundlagenforschung eingesetzten Tiere<br />
im Vergleich zum Vorjahr um 36 % abzulesen ist (Tierschutzbericht 2003, S. 68f.), führen andere<br />
Quellen dies auf eine Umstellung des Erfassungsverfahrens im Jahr 2000 zurück (Nobiling 2003).<br />
Die tierexperimentelle Forschung ist an die bioethischen Anforderungen des Tierschutzes gebunden.<br />
Nach §§ 7, 8 des Tierschutzgesetzes sind Versuche mit Wirbeltieren genehmigungspflichtig,<br />
sofern sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für die Tiere oder ihre Nachkommen verbunden<br />
sind. Um eine Genehmigung zu erhalten, muss der Antragsteller die Notwendigkeit des beantragten<br />
Tierversuches und die Unmöglichkeit, die angestrebten Ergebnisse mit alternativen Methoden zu<br />
gewinnen, wissenschaftlich begründen. Angestoßen durch die Vorgaben des Tierschutzes sucht<br />
die tierexperimentelle Forschung verstärkt nach Möglichkeiten, Tierversuche durch alternative Methoden<br />
zu ersetzen, die Zahl der Tiere in den unverzichtbaren Versuchen zu begrenzen und die von<br />
ihnen zu erleidenden Belastungen zu reduzieren. Dennoch werden Tierversuche in der öffentlichen<br />
Meinung vielfach kritisch beurteilt. Inwieweit sich diese Kritik durch die Verankerung des Tierschutzes<br />
in Artikel 20a des Grundgesetzes Mitte 2002 noch verstärkt, ist zurzeit nicht abzusehen.<br />
4.1.2 Tierexperimentelle Arbeitsabläufe<br />
Zur Begründung qualitativer Ressourcenanforderungen biomedizinischer Forscher dienen ihre typischen<br />
Arbeitsabläufe, d. h. charakteristische Tätigkeitsmuster aus einem oder mehreren eng zusammenhängenden<br />
Arbeitsschritten (vgl. Abschnitt 3.1.1). Die tierexperimentellen Arbeitsabläufe,<br />
zu denen Abbildung 4.1 einen Überblick gibt, lassen sich unter die Oberbegriffe Züchten, Generieren,<br />
Halten, Kryokonservieren, Experimentieren und Untersuchen einordnen.<br />
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