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Lernen für den GanzTag - GanzTag in NRW

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modul 08 | Individuelle Förderung – Chancen, Möglichkeiten, Anforderungen<br />

basistext: dimensionen und strategien <strong>in</strong>dividueller förderung<br />

1. Warum IndIvIduelle förderung?<br />

Kaum e<strong>in</strong> Lehrer muss heute noch davon überzeugt<br />

wer<strong>den</strong>, dass <strong>Lernen</strong> e<strong>in</strong> höchst <strong>in</strong>dividueller Prozess<br />

ist, der differenzierte Angebote und Unterstützung,<br />

aber auch gezielte Förderung benötigt. Andererseits<br />

klagen viele Lehrer <strong>in</strong> allen Schulformen<br />

über enorme Leistungsunterschiede, die durch die<br />

Ergebnisse von PISA nachdrücklich bestätigt wur<strong>den</strong>.<br />

Nicht selten steht h<strong>in</strong>ter diesen Klagen auch<br />

der Wunsch nach mehr homogenität beim Leistungsstand<br />

und nach mehr E<strong>in</strong>heitlichkeit bei der<br />

Gestaltung des Unterrichts. Dieser Wunsch hat e<strong>in</strong>e<br />

lange Tradition. E<strong>in</strong>e Ursache besteht dar<strong>in</strong>, dass<br />

das gegliederte deutsche Schulwesen auf heterogenität<br />

vorrangig mit Verfahren reagiert, die sich<br />

schon seit langem als eher untauglich erwiesen<br />

haben, weil sie <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf homogenisierung<br />

orientieren und die soziale Selektion manifestieren.<br />

Die zunehmen<strong>den</strong> Bemühungen um <strong>in</strong>dividuelle<br />

Förderung im Rahmen schulischer Lernprozesse<br />

stoßen demzufolge immer wieder und immer noch<br />

auf Zweifel an ihrer Realisierbarkeit, auf bildungspolitische<br />

Zwänge zu äußerer Differenzierung, dem<br />

Wunsch nach ger<strong>in</strong>geren Leistungsunterschie<strong>den</strong><br />

zwischen <strong>den</strong> <strong>Lernen</strong><strong>den</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse und zahlreiche<br />

ungünstige Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des Unterrichts.<br />

Deshalb sollen zunächst <strong>in</strong> knapper Form grundlegende<br />

Argumente zur Notwendigkeit <strong>in</strong>dividueller<br />

Förderung beim schulischen <strong>Lernen</strong> vorangestellt<br />

wer<strong>den</strong>, um deren Verständnis immer wieder aufs<br />

Neue gerungen wer<strong>den</strong> muss, wenn die <strong>Lernen</strong><strong>den</strong><br />

erfolgreich <strong>in</strong>dividuell gefördert wer<strong>den</strong> sollen.<br />

Ohne gründliche Ause<strong>in</strong>andersetzung mit <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong><br />

Thesen erreichen die vielfältigen Anstrengungen<br />

um <strong>in</strong>dividuelle Förderung nicht die möglichen<br />

Wirkungen.<br />

1 | vgl. Lange 2003, S. 36<br />

2 | vgl. Paradies/L<strong>in</strong>ser 2001<br />

Die Orientierung des Unterrichts am „Durchschnitt“<br />

beschränkt die Fördermöglichkeiten<br />

Seit se<strong>in</strong>em Bestehen hat das gegliederte deutsche<br />

Schulwesen mit zahlreichen Formen äußerer<br />

Leistungsdifferenzierung (Zuordnung zu verschie<strong>den</strong>en<br />

Schulformen, Bildungsgängen, Leistungskursen,<br />

Jahrgangsstufen) e<strong>in</strong>e Fiktion suggeriert: Es<br />

sei möglich, e<strong>in</strong>igermaßen homogene Lerngruppen<br />

zu bil<strong>den</strong>, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en gleiche Lernanforderungen auf<br />

weitgehend e<strong>in</strong>heitlichen Lernwegen erfolgreich realisiert<br />

wer<strong>den</strong> können. Dass dies nicht funktioniert<br />

und nicht funktionieren kann, ist eigentlich schon<br />

lange klar. Es gibt sogar gute Gründe, dies <strong>für</strong> die<br />

entschei<strong>den</strong>de Schwäche des deutschen Bildungswesens<br />

zu halten 1 .<br />

Fatal ist vor allem, dass dieser Wunsch nach homogenisierung<br />

von Lernprozessen zum Leitbild vieler<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer gewor<strong>den</strong> ist und auch<br />

deren Umgang mit heterogenität im Unterricht<br />

bestimmt. Die <strong>in</strong> der Literatur ausführlich beschriebenen<br />

Formen zur Differenzierung unterrichtlichen<br />

<strong>Lernen</strong>s 2 wer<strong>den</strong> dann vor allem zur homogenisierung<br />

der Leistungsvoraussetzungen <strong>in</strong> der Lerngruppe<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Sie wer<strong>den</strong> aus dieser Sicht<br />

als notwendige, aber lediglich zeitweilige Schritte<br />

angesehen und realisiert, die auf das unterschiedliche<br />

Leistungsniveau der <strong>Lernen</strong><strong>den</strong> reagieren. Vor<br />

allem aber sollen sie die Voraussetzungen da<strong>für</strong><br />

schaffen, möglichst schnell wieder zum e<strong>in</strong>heitlich<br />

gestalteten Lernprozess, zu <strong>den</strong> von der Lehrkraft<br />

vorgeschriebenen Lernwegen zurückzukehren, die<br />

sich am „durchschnittlich“ <strong>Lernen</strong><strong>den</strong> orientieren,<br />

so die weit verbreitete trügerische hoffnung vieler<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer.<br />

Die alltägliche Unterrichtspraxis bestätigt, dass es<br />

<strong>den</strong> „durchschnittlich“ <strong>Lernen</strong><strong>den</strong> nicht gibt, dass<br />

auf diese Weise <strong>in</strong>dividuelle Lernprozesse nicht<br />

im erforderlichen Maße unterstützt wer<strong>den</strong> und<br />

über andere Förderkonzepte nachgedacht wer<strong>den</strong><br />

muss.

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