Untitled
Untitled
Untitled
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
104 LITERATÛRZINÂTNE, FOLKLORISTIKA, MÂKSLA<br />
Tagebuchtext finden wir gelegentlich Kommentare solcher Art: “Es folgen drei kräftig<br />
durchgestrichene Zeilen” 28 oder: “An dieser Stelle folgen mehrere, vermutlich von<br />
AMW nachträglich entfernte Seiten” 29 „AS hat die folgenden 4 Zeilen unleserlich<br />
gemacht” 30 Karen Monson, Alma Mahler–Werfels Biographin, verweist darauf, dass<br />
Alma etwa ab Anfang der 30er Jahre ihre Tagebücher zu “zensieren” beginnt 31welche Tagebücher dabei gemeint sind, bleibt allerdings offen. Eigentlich macht Alma Mahler<br />
–Werfel auch kein Geheimniss daraus. Ihre Relektüre gibt sie als solche im Text des<br />
Diariums deutlich zu erkennen.Meistens sind es lakonische Kommentare<br />
unterschiedlichen Charakters: Von sachlich– neutraler Notiz: “Anfang Jänner 1963<br />
durchgeschaut” 32 über die emotional– kommentierende Aufzeichnung: “Schwerste<br />
Zeit überwunden! A.M.W.” 33 bis zu kühl–sezierender Bemerkung: “durchgesehen<br />
u.corrigiert” 34 oder: “gelesen und gekürzt A.M.W.” 35 Überprüft Anfang Jänner 1963" 36<br />
Hier tut sich die Frage auf nach dem Ziel der Korrektureingriffe. Ging es Alma<br />
Mahler–Werfel wirklich um das Retuschieren des eigenen Bildes? Man könnte<br />
vielleicht die Vermutung wagen, dass das redigierende Ich eher den Versuch<br />
unternimmt, ein klareres Bild von diesen Jahren zu geben, indem das Nebensächliche<br />
entfernt wird und das Wesentliche erhalten bleibt?<br />
Mit den “Tagebuch Suiten” gestaltet Alma Mahler–Werfel eine eigene diaristische<br />
Form, in deren Zentrum ein ausserordentlich dynamisches, ständig Sich–Aufbauendes<br />
Ich steht.<br />
Es zeigt sich, dass die Reflexionen der Diaristin über Möglichkeiten und<br />
Notwendigkeit des Tagebuches, die sich aus der eigenen diaristischen Tätigkeit<br />
resultieren und die auch als Ergebnisse der eigenen Schreiberfahrung präsentiert<br />
werden, nicht zuletzt auf die Strategien des Sich– Erinnerns hinauslaufen.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1 Zitiert nach: Widinger A. Kokoschka und Alma Mahler. – München–New York: Prestel,<br />
19, S.82; Vgl.dazu auch: Barker A. Altenberg und die “Neue Musik in Wien //Lunzer H.,<br />
Lunzer–Talos V. Peter Altenberg Extrakte des Lebens. – Salzburg–Wien–Frankfurt/Main:<br />
Residenz Verlag, 2003, 185.<br />
2 Mahler–Werfel A. Tagebuch–Suiten. Hr.v. Beaumont A. u. Rode–Breymann S. –<br />
Frankfurt/ Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2002, S. XVI.<br />
3 Vgl.: Rode–Breymann S. Die Komponistin Alma Mahler–Werfel. – Hannover:<br />
Niedersächsisches Staatstheater, 1999.<br />
4 Mahler–Werfel A. Tagebuch–Suiten, a.a.O., S.VII.<br />
5 Le Rider J. Kein Tag ohne Schreiben: Tagebuchliteratur der Wiener Moderne. – Wien:<br />
Passagen–Verl., 2002, S. 19.<br />
6 ebd., S. 14.<br />
7 Mahler–Werfel Alma. Mein Leben. – Frankfurt /Main: ÖS.Fischer Verlag, 1960, S. 20.<br />
8 ebd., S. 21.<br />
9 ebd., S. 26.<br />
10 Mahler–Werfel A. Tagebuch–Suiten, a.a.O., S. 104.<br />
11 ebd., S. 11.<br />
12 ebd., S. 55.<br />
13 ebd., S. 176.