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234 LITERATÛRZINÂTNE, FOLKLORISTIKA, MÂKSLA<br />

Menschenkunde, (1796) – Brands Reisebeschreibung deutliche Hinweise auf<br />

schwierige und bedauernswerte Lage der Bauern enthält, z.B.: sie leben der Sklaverey<br />

und Dienstbarkeit so gar ergeben als ob etwan die Natur sie dazu verordnet hatte. 12<br />

Paul Johansen hat die Erklärung angeboten, dass die Unterwürfigkeit der<br />

baltischen Urbewohner historisch mit ihrer bei der Unterwerfung erzwungener<br />

Anerkennung der Schwächlichkeit ihrer eigenen heidnischen Götter gegenüber dem<br />

mächtigen Christengott begründet werden kann. 13<br />

Einer ganz vielseitigen literarischen Charakteristik der Lebensweise des<br />

geknechteten Bauernstandes sind die abschließenden Verse des langen Lobgedichtes<br />

zur Stadt Mitau gewidmet. Dieses Beispiel der Gelegenheitsdichtung entstammt dem<br />

Jahre 1686 und ist dem ‘Kaiserlich gekrönten Poeten und Rektor der Mitauischen<br />

großen Stadtschule‘ Christian Bornmann zugeschrieben worden. Zeittypisch und dem<br />

eigenen Stande gemäß belehrend differenziert der Verfasser die Qualitäten des Volkes:<br />

Überfluß macht Übermuth, Müssiggang verkehrte Sinnen,<br />

Straffe macht die Bosheit gut, Armuth lernet Brod gewinnen.<br />

Sonsten sind zu allen Sachen diese Kuhren wohlgeschickt,<br />

Können alles artig machen, was ihr Auge nur erblickt. 14<br />

Die ganze heimatkundliche Schilderung beginnt er aber mit einem historischen<br />

Überblick, wo deutlich als ob eine Grenze gezogen wird, nämlich — zwischen dem<br />

Fremdenwesen des tummen Volkes der Heiden, von welchem<br />

Niemand wußte was von Gott, Blindheit hatte sie umgeben,<br />

Ordnung hielten sie für Spott, Ehrbarkeit herbes Leben,<br />

Ihre Götter waren Bäume, Bären, Elend, Holz und Stein,<br />

Ihre Priester lehrten Träume, die doch Schaum der Sinnen seyn15 ,<br />

und der Ankunft des eigenen wahren Christentums, also bis die Teutschen…<br />

Landes=Herren worden seyn und ihr Wohnhaus hier genommen, und gepflanzet<br />

Gottes Ehr. 16 Die dem Verfasser zeitgenössische lobende Charakterisierung der<br />

Hauptstadt und des ganzen Herzogtums Kurland wird dann mit der topographisch als<br />

auch geistig einigenden Rolle der Christlichen Kirche sogar verschiedener<br />

Konfessionen begonnen. Darauf folgen der Reihe nach einzelne Lobverse auf die<br />

Schule, den Herzog, auf Prediger, Ratsherren, Bürgermeister, verschiedene Amtleute,<br />

Händler und Handwerker. (Chr. Bornmann vergisst auch nicht die Bauern; sein<br />

Stadtbild enthält darüber hinaus auch die Darstellung öffentlicher Einrichtungen wie<br />

Druckereien, Post, Bücherläden und Wirtshäuser.)<br />

Standes– und nationalbewusste Grenzziehungen werden vom Verfasser<br />

vorgenommen, wenn er die Vorliebe der bescheidenen Leute…, wenn nur die Thaler<br />

klingen für die liebe Gottes=Quelle17 , d.h. für den Wein erwähnt, während<br />

Jedes Haus hat seinen Krug, da Unteutsche Leute wohnen,<br />

Da gibt‘s Bier und Trinker gnug, die den Heller nicht verschoh – nen;<br />

Da sich Mopsus so beschürzet, daß er oft den Weg vergißt,<br />

Und mit Pferd und Wagen stürzet, wo der Koht am tiefsten ist.

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