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Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

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Angesichts dieser Vielfalt muß man erklären, was die verschiedenen <strong>Verfahren</strong> eigentlich noch<br />

miteinander zu tun haben, warum also der in der Literatur verbreitete Ansatz, sich implizit auf<br />

Gegenbeispiele zu konzentrieren nicht sinnvoll ist. Der Grund hierfür lautet, daß<br />

<strong>Gedankenexperimente</strong> gleichzeitig verschiedene Funktionen aufweisen können. Wer also z.B.<br />

nicht sieht, daß destruktive <strong>Gedankenexperimente</strong> oft gleichzeitig konstruktiv benutzt werden,<br />

hat noch nicht einmal das Phänomen vollständig im Blick.<br />

Im Laufe der Arbeit werden weitere Unterscheidungen zu den hier angegebenen wichtig<br />

werden. 19 Die Klassifikation, welche sich aus den drei Schritten sowie den drei genannten<br />

Unterscheidungen gewinnen läßt, ist für den Moment aber komplex genug, um ersten meine<br />

These zu stützen, daß es sich bei <strong>Gedankenexperimente</strong>n um eine ganze Klasse verwandter<br />

<strong>Verfahren</strong> handelt. Zweitens erlaubt die so gewonnene Übersicht nicht nur in späteren Kapiteln<br />

Ansätze als zu restriktiv zu charakterisieren, ich kann auch angeben, was genau diese Ansätze<br />

übersehen haben. Drittens kann ich anhand der hier geleisteten Arbeit Themen und Probleme<br />

erläutern, mit denen ich im Rest der Arbeit befaßt sein werde. Im Folgenden führe ich nun die<br />

hier angedeutete Klassifikation aus.<br />

1.1.1 Drei typische Elemente von <strong>Gedankenexperimente</strong>n<br />

Zu jedem <strong>Gedankenexperimente</strong>s gehört mindestens ein vorgestelltes Szenario; ein<br />

Gedankenexperiment beginnt mit der impliziten oder expliziten Aufforderung, sich eine Szenario<br />

vorzustellen. Hier ist ein einfaches Beispiel:<br />

Nehmen wir an, Klaus hat durch das Fenster der Bibliothek gesehen. Er sieht von hinten<br />

jemanden lesen, den er als seine Freundin Anna identifiziert. Er bildet die Meinung, daß<br />

Anna in der Bibliothek ist. Als er die Bibliothek betritt, kommt Anna ihm jedoch aus dem<br />

Obergeschoß der Bibliothek die Treppe hinunter entgegen. Die Person, die Klaus hat<br />

lesen sehen, kann nicht Anna gewesen sein. Klaus hat also die Meinung daß Anna in der<br />

Bibliothek ist, er hat einen guten Grund zu glauben, daß sie in der Bibliothek ist und sie<br />

ist auch wirklich in der Bibliothek – nur eben nicht in dem Raum, von dem Klaus dachte,<br />

daß sie dort liest.<br />

19 Siehe z.B. meine Diskussion der ersten beiden Schritte eines <strong>Gedankenexperimente</strong>s in den Kapiteln 3.1 und 3.2.<br />

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