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Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

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wie p kohärent in X hineinpaßt [relationale Kohärenz]<br />

wie p zur Kohärenz von X beiträgt [Kohärenzerhöhung]<br />

wie p Inkohärenzen von X vermeiden hilft [Inkohärenzvermeidung] 323<br />

Wenn Rechtfertigung zentral von Kohärenzüberlegungen abhängt, dann ist direkt einsichtig,<br />

warum <strong>Gedankenexperimente</strong>, die angeblich Kohärenztests sind, wichtig sein können für die<br />

Rechtfertigung von Meinungen. Bartelborths Beispiel (Galileis fallende Körper) entstammt der<br />

Physik, Bartelborth ist aber der Ansicht, daß auch philosophische <strong>Gedankenexperimente</strong><br />

Kohärenztester sind. (KTR) soll nun aber auch erklären, was seltsam ist an<br />

<strong>Gedankenexperimente</strong>n mit sehr fremden Szenarien. Diese <strong>Gedankenexperimente</strong> sind nicht in<br />

sich fehlerhaft, sondern ihr Begründungswert ist eher gering:<br />

Die KTR erlaubt uns aber nicht nur die Erklärung der Bedeutung von <strong>Gedankenexperimente</strong>n,<br />

sondern gibt uns zusätzlich auch Hinweise, wie diese „Experimente“ zu bewerten sind. So sollten<br />

sie sich als Kohärenztests vor unserem Hintergrundwissen nach Möglichkeit nur auf solche<br />

Annahmen unseres Hintergrundwissens stützen, die selbst nicht kritisch beurteilt werden. Je<br />

besser die im Gedankenexperiment vorgestellte Situation mit unserem Hintergrundwissen<br />

verträglich ist, um so ernster müssen wir das Gedankenexperiment nehmen; je utopischer und<br />

unwahrscheinlicher die Situation aber ist, um so weniger bedeutsam ist es, denn natürlich<br />

beziehen sich unsere Meinungen überwiegend auf den Bereich möglicher Welten, den wir für<br />

wahrscheinlich halten. Daran hat sich auch die Metabeurteilung entsprechender Inkohärenzen zu<br />

orientieren, schließlich wollen wir in erster Linie gut begründete Meinungen über unsere<br />

tatsächliche Welt erhalten. 324<br />

Am Grad der Fremdheit des Szenarios (dem Grad der Inkohärenz mit unserem Wissen) soll sich<br />

direkt bemessen, wie ernst wir ein Gedankenexperiment nehmen müssen. Versuchen wir die<br />

Begründung für diese These zu verstehen. <strong>Gedankenexperimente</strong> sollen Kohärenztester sein.<br />

Worauf es eigentlich ankommt, ist die Kohärenz von angegriffener These und<br />

Hintergrundwissen. Das simple Bild scheint zu sein, daß diese beiden nicht direkt verglichen<br />

werden, sondern jeweils mit demselben Szenario. Je inkohärenter aber schon Hintergrundwissen<br />

und Szenario sind, desto weniger läßt sich an der Inkohärenz zwischen Szenario und<br />

angegriffener These etwas über die Inkohärenz von Hintergrundwissen und angegriffener These<br />

ablesen.<br />

Dieses Bild vom doppelten Vergleich kann nur scheinbar erklären, warum wir<br />

<strong>Gedankenexperimente</strong> desto ernster nehmen müssen, je kohärenter ein Szenario mit unserem<br />

Wissen ist. Denn zwar wird in <strong>Gedankenexperimente</strong>n, die als Gegenbeispiel eine bestimmte<br />

323 Bartelborth [B] 193. Die eckigen Klammern finden sich im Original. Dies ist nicht die vollständige Formulierung<br />

von (KTR), es wird im folgenden festgelegt, was unter systematischer Kohärenz, Inkohärenz und relationaler<br />

Kohärenz zu verstehen ist. Für unsere Zwecke genügt es aber zur Kenntnis zu nehmen, daß Rechtfertigung für<br />

Bartelborth zentral von Kohärenzüberlegungen abhängt.<br />

324 Bartelborth [B] 205. Vgl. auch Bartelborth [TG].<br />

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