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Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

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ein Szenario mit einer Beurteilung ein Gedankenexperiment ausmachen, so ist klar, daß<br />

<strong>Gedankenexperimente</strong> unter dieser Lesart keine Argumente sind. Bishops Ansichten haben wir<br />

bereits in Kapitel 1.1.1.2 abgelehnt. Seine Gründe ruhen aber ganz auf einer von vielen<br />

Verwendungen des Wortes „Gedankenexperiment“. Im Sinne unserer liberalen Handhabung<br />

verschiedener Verwendungen des Wortes „Gedankenexperiment in Kapitel 1.1.1.2 können wir<br />

hier sagen, daß <strong>Gedankenexperimente</strong> in manchen Verwendungen des Wortes als Argumente<br />

analysiert werden können, in anderen nicht.<br />

Derselbe Punkt trifft die zweite Kritik. Häggqvist selbst versteht die Rede von<br />

<strong>Gedankenexperimente</strong>n, die Argumente sind, nur als bequeme Abkürzung.<br />

My view is that thought experiments are not arguments. They are not more arguments than<br />

ordinary experiments are arguments. Neither experiments nor thought experiments are composed<br />

of linguistic or other truth-valued entities; neither can have the properties that arguments can<br />

have (e.g. validity). Both are (types of) processes, events or procedures.<br />

However, both experiments and thought experiments work only through their connection with<br />

arguments. For only arguments can matter when the truth-value of a scientific or philosophical<br />

theory or hypothesis is to be assessed.[...]<br />

The connection between experiments and arguments is that the former supply arguments for the<br />

latter. [...] In the case of thought experiments, it is done by causing thought experimenters –<br />

whether inventors or audience – to hold relevant non-observational statements true (or false),<br />

where the causes are the actual psychological goings-on in the thought experimenters’ heads. 78<br />

Häggqvist unterscheidet also das Gedankenexperiment – darunter versteht er die psychischen<br />

Vorgänge, die ablaufen, wenn jemand ein Gedankenexperiment vollzieht – von den Argumenten,<br />

die mit <strong>Gedankenexperimente</strong>n einhergehen. Nun kann ich sofort zugestehen, daß das Wort<br />

‚Gedankenexperiment’ auch in dieser Hinsicht nicht einheitlich verwandt wird. Je nach Theorie<br />

tritt eher der propositionale Charakter des <strong>Gedankenexperimente</strong>s in den Vordergrund oder die<br />

psychischen Akte, welche die Durchführung des <strong>Gedankenexperimente</strong>s darstellen. So habe ich<br />

z.B. vom Vorstellen eines Szenarios gesprochen und von seiner Beurteilung.<br />

Aber dieselbe Akt/Inhalt-Ambiguität findet sich genauso bei Argumenten. Auch Prämissen<br />

werden gegeben und Schlüsse gezogen. Was im Fall von Experimenten eine gewisse Plausibilität<br />

hat, wird für <strong>Gedankenexperimente</strong> aber zu einem ganz oberflächlichen Punkt. Für jedes<br />

Argument gilt, daß es von Personen gegeben oder nachvollzogen wird und daß (unter anderem)<br />

psychische Vorgänge unser Für-wahr-halten der Prämissen verursachen. Aber daraus folgt nicht,<br />

daß Argumente keine Argumente sind. <strong>Gedankenexperimente</strong> sind Argumente.<br />

78 Häggqvist [TEiP] 86f.<br />

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