Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren
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des <strong>Verfahren</strong>s Gedankenexperiment überkommt: Wie können wir überhaupt jemals etwas aus<br />
einem nur vorgestellten Szenario lernen, wo <strong>Gedankenexperimente</strong> doch keine neue empirische<br />
Information hergeben? Wie kann uns ein Szenario in einer Meinung rechtfertigen? Ganz einfach!<br />
Z.B. indem das Szenario als kontrafaktisches Gegenbeispiel benutzt wird! <strong>Gedankenexperimente</strong><br />
unterscheiden sich in dieser erkenntnistheoretischen Hinsicht nicht von anderen argumentativen<br />
<strong>Verfahren</strong>.<br />
In gewisser Hinsicht ist eine solche Antwort aber auch unbefriedigend. „Das wollte ich nicht<br />
wissen!“ kann unser Fragesteller antworten, und er muß nun seine Frage präzisieren. Was noch<br />
kann gemeint sein mit der Frage, wie uns ein Gedankenexperiment in einer Meinung<br />
rechtfertigen kann? <strong>Eine</strong> Art, den erkenntnistheoretischen Stand von <strong>Gedankenexperimente</strong>n zu<br />
problematisieren, zielt auf die Besonderheiten modaler Aussagen. Wir haben gesehen, daß zwei<br />
Arten von modalen Urteilen in <strong>Gedankenexperimente</strong>n zentrale Rollen spielen, zum einen<br />
Möglichkeitsurteile, zum anderen kontrafaktische Konditionale.<br />
Beurteilungen von Szenarien haben typischerweise die Form kontrafaktischer Konditionale, und<br />
mit dem Vorstellen eines Szenarios legt man sich meist auf seine Möglichkeit fest. Wir haben<br />
außerdem festgestellt, daß manche <strong>Gedankenexperimente</strong> angestellt werden, um eine bestimmte<br />
Möglichkeit zu erweisen oder auszuschließen. Wie aber, so kann man fragen, sind wir in solchen<br />
modalen Aussagen gerechtfertigt? Kapitel 5 nimmt sich der Frage nach der Rechtfertigung der<br />
beiden Typen von modalen Aussagen an. 368<br />
<strong>Eine</strong> Antwort auf diese Fragen zu erhalten bedeutet allerdings nicht, daß weitere Nachfragen<br />
nicht gestellt werden könnten. In Kapitel 6 untersuche ich drei Arten von Kritik am <strong>Verfahren</strong><br />
Gedankenexperiment, die jeweils zeigen möchten, daß die Ergebnisse von<br />
<strong>Gedankenexperimente</strong>n nur von eingeschränktem Wert für die philosophische Forschung sind.<br />
368 Es wird sich schnell herausstellen, daß unter dem Titel „Rechtfertigung modaler Aussagen“ ganz verschiedene<br />
Projekte firmieren, von denen nur eines in Kapitel 5 thematisch wird.<br />
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