07.04.2013 Aufrufe

Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

argumentieren, sondern um unsere Meinungen über personale Identität explizit zu machen. 327<br />

Diese <strong>Gedankenexperimente</strong> anzugreifen anstatt der Teilungsszenarien, anhand derer Parfit seine<br />

Theorie nahe legen will, 328 spricht zumindest nicht gegen Parfits reduktionistische Theorie, die<br />

gerade behauptet, daß unsere Meinungen über personale Identität in manchen Punkten falsch<br />

sind. Bartelborth ist dieser Umstand wohl klar: Es ist der Reduktionist à la Parfit, der auf die<br />

Teletransportationsfälle reagieren muß. 329<br />

Der Teletransportationsfall mit Verzweigung nimmt sich tatsächlich inkohärent vor unserem<br />

Hintergrundwissen aus. Aber warum soll das ein Grund sein, das Gedankenexperiment<br />

abzulehnen? Wie wir gesehen haben, funktioniert ein kontrafaktisches Gegenbeispiel ja nicht in<br />

der Art, daß erst Szenario und Hintergrundwissen verglichen werden und dann Szenario und<br />

angegriffene These. Und daher ist der Verweis auf die Inkohärenz von Szenario und<br />

Hintergrundwissen erst einmal ganz irrelevant für die Beurteilung von Parfits<br />

Gedankenexperiment. Inwiefern die physikalische Unmöglichkeit des Szenarios Einfluß auf die<br />

Beurteilung des Szenarios hat und somit irgendwie Einfluß haben könnte auf Kohärenz oder<br />

Inkohärenz von beurteiltem Szenario und angegriffener These, wird nicht deutlich.<br />

Vielleicht können wir uns Hilfe erhoffen von der Idee, daß sich „unsere Meinungen überwiegend<br />

auf den Bereich möglicher Welten, den wir für wahrscheinlich halten“ beziehen. Das könnte zum<br />

Beispiel bedeuten: Wenn ein Szenario in vielen Punkten schlecht verträglich mit unserem<br />

Hintergrundwissen ist, so ist unsere Beurteilung des Szenarios weniger verläßlich als<br />

Beurteilungen alltäglicher Situationen. Umso schwächer aber die Beurteilung des Szenarios<br />

begründet ist, desto weniger muß uns die Inkohärenz zwischen ihr und der angegriffenen These<br />

kümmern.<br />

Wenn das der Kern von Bartelborths Einwand ist, so trägt er gegen konkrete<br />

<strong>Gedankenexperimente</strong> nichts aus. Denn es stimmt zwar, daß wir oft Probleme haben, besonders<br />

fremde Szenarien zu beurteilen. Aber daß die Beurteilung mit zunehmender Fremdheit immer<br />

schwieriger wird, ist falsch. Ein Szenario wird immer in bestimmter Hinsicht beurteilt, nie<br />

versuchen wir alle wahren kontrafaktischen Konditionale zu finden, die die Beschreibung des<br />

327 „By considering these cases, we discover what we believe to be involved in our own continued existence, or what<br />

it is that makes us now and ourselves next year the same people. we discover our beliefs about the nature of personal<br />

identity over time.” Parfit [RP] 200.<br />

328 Z.B. „My Division“ Parfit [RP] 254.<br />

329 Bartelborth [B] 206. Ausgerechnet diese Fälle zu wählen ist insofern unglücklich, als die Debatte meistens darauf<br />

zielt, Parfit einen Fehler nachzuweisen. Ich erhöhe die Verwirrung aber nicht noch einmal, indem ich Bartelborths<br />

These an einem anderen Parfit-Gedankenexperiment diskutiere als Bartelborth selbst.<br />

168

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!