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Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

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an physikalischen Grundannahmen gedreht wird. Zu viele Faktoren unseres Weltbildes ändern<br />

sich mit einem Mal, als daß man noch sagen könnte, was in solch einem Szenario bezüglich<br />

menschlichen Verhaltens der Fall wäre. 320 Aber denken wir uns ein meteorologisches Gesetz oder<br />

ein biologisches Gesetz bezüglich des Verhaltens von Reptilien anders und menschliches<br />

Verhalten scheint nicht betroffen zu sein.<br />

Reden wir also nur über solche Naturgesetze, für die Prämisse (2’) plausibel ist, ignorieren wir die<br />

riesige Grauzone, Abgrenzungsprobleme und dergleichen! Die Begründung für (2’), die ich im<br />

letzten Absatz gegeben habe, beruft sich aber gar nicht mehr auf die fehlende Relevanz solcher<br />

Szenarien, sondern auf Schwierigkeiten mit ihrer Beurteilbarkeit. Unter der Hand hat sich der<br />

Relevanzeinwand in den schon bekannten Einwand verwandelt, daß naturwissenschaftlich<br />

unmögliche Szenarien in vielen Hinsichten nicht beurteilbar sind. Die Relevanz des Szenarios<br />

scheint mit einem Mal keine Rolle mehr zu spielen.<br />

Es ist nun schwer zu glauben, daß das Relevanzkriterium derart schwach und unnütz sein soll<br />

und tatsächlich trügt der bisherige Eindruck. Natürlich muß das Szenario relevant sein für das<br />

Thema, um das es im Gedankenexperiment gehen soll! Das Kriterium hat sich bislang nur als<br />

ungeeignet erwiesen, sehr fremde Szenarien auszusortieren – außer in einem ganz trivialen Sinn,<br />

wenn man unter fremden Szenarien genau solche versteht, die nicht relevant für ein Thema sind.<br />

In Kapitel 5.1.3 werden wir versuchen, das Relevanzkriterium angemessener zu verwenden. Der<br />

Fokus liegt dann aber nicht mehr auf besonders fremden Szenarien.<br />

4.1.3 Das Relevanzkriterium<br />

Warum das Relevanzkriterium sich bislang als so zahnlos erwiesen hat, sieht man m.E. am<br />

Besten, wenn man sich Hares Ansatz vor Augen führt, der zwar eine viel größere Klasse von<br />

Szenarien ausschließen möchte, dessen Ansatz aber ein strukturell ähnliches Problem aufweist,<br />

wie derjenige Donagans. Angesichts des fehlenden Bisses von Donagans Einschränkung und<br />

selbst der stärkeren Beschränkung auf naturwissenschaftlich mögliche Szenarien, liegt es nahe,<br />

noch stärkere Einschränkungen zu fordern. Hare z.B. erklärt, seine Ethik sei nur für die Welt, wie<br />

sie tatsächlich ist, gedacht:<br />

320 Nicht jede Veränderung der Gesetze bringt natürlich diese Ratlosigkeit mit sich. In der Physik suchen wir z.B.<br />

manchmal nach Präzisierungen von Gesetzen, wobei gerade die Phänomene festgehalten werden.<br />

Gesetzesformulierungen, aus denen folgt, daß es bei uns anders zugehen müßte, als es zugeht, lehnen wir, ceteris<br />

paribus, ab. Vgl. meine Diskussion dieser Fragen in Kapitel 3.<br />

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