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Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

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Theories enjoy the same immunity to strict refutation from thought experiments as they do from<br />

experiment. We can always shift the blame to the falsehood of an ancillary theory, our limited<br />

imagination, bias, the trickiness of counterfactuals, or the like. 116<br />

Ich glaube, daß diese These alles in allem korrekt ist. 117 <strong>Gedankenexperimente</strong>, die auf die eine<br />

oder andere Weise gegen eine philosophische These sprechen, können unter anderem<br />

angezweifelt werden, indem Hintergrundannahmen des <strong>Gedankenexperimente</strong>s angegriffen<br />

werden.<br />

So wahr diese These auch ist, wir sollten sie in zweifacher Hinsicht einordnen. Erstens, daß<br />

<strong>Gedankenexperimente</strong> nicht ohne Hintergrundannahmen auskommen, ist eine Eigenschaft, die<br />

sie nicht nur mit Experimenten teilen. Jegliche Art von Begründung teilt diese Eigenschaft. Es<br />

gibt kein <strong>Verfahren</strong>, daß einen völlig unabhängigen Test <strong>philosophischer</strong> oder anderer Thesen<br />

darstellt oder Rohdaten liefern könnte, die völlig unabhängig von anderen Meinungen sind, die<br />

wir besitzen. Sorensen hat also zwar eine Gemeinsamkeit von <strong>Gedankenexperimente</strong>n und<br />

Experimenten gefunden, aber keine, die uns hilft, diese <strong>Verfahren</strong> von anderen zu unterscheiden.<br />

Es ist seltsam, daß Sorensen, selbst überzeugter Holist, diesen Punkt übersehen haben sollte.<br />

Und tatsächlich versucht er, genauer anzugeben, worin die propagierte Ähnlichkeit besteht,<br />

indem er an <strong>Gedankenexperimente</strong>n typische Eigenschaften nachzuweisen sucht, die sonst nur<br />

Experimenten zugeschrieben werden, anderen <strong>Verfahren</strong> aber nicht.<br />

Imagination is as theory-laden as perception. Even at its craziest, the mind still gets its shape from<br />

the culture that contains it. [...] Just as there is a two-way flow of influence from executed<br />

experiments to theory, there is a two-way flow from thought experiment to theory. The operation<br />

of reflective equilibrium is evident in the hedges used to describe judgments generated by thought<br />

experiment. [...] As in the case of experiment, this complexity leads to anomaly toleration.<br />

Unfavorable thought experiments can be conceded as “difficulties” without being rejected. 118<br />

Leider beruhen bei genauem Hinsehen die angeblichen Gemeinsamkeiten darauf, daß hier<br />

wissenschaftstheoretische Begriffe ganz unverbindlich auf andere Phänomene angewandt<br />

werden, damit aber ihre spezifische Bedeutung verlieren. Es ist wenig überzeugend, den Einfluß<br />

der Kultur auf die Vorstellungskraft als Theoriengeladenheit zu beschreiben. Hier wird ein sehr<br />

allgemeines Phänomen mit einem spezifischen Wort belegt. Selbst wenn man diesen Schritt<br />

mitmachte, erhielte man nicht das von Sorensen gewünschte Ergebnis: Wenn dies<br />

Theoriengeladenheit ist, dann sind all unsere Begründungen, Argumente etc. theoriegeladen. Im<br />

116 Sorensen [TE] 234.<br />

117 Es ist ein wenig verwirrend, daß Sorensen so ohne weiteres naturwissenschaftliche und philosophische Theorien<br />

in einen Topf wirft. Er erklärt nicht, was eine Theorie ist und redet eigentlich über die Widerlegung bestimmter<br />

Thesen.<br />

118 Sorensen [TE] 234.<br />

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