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Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

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Abgesehen davon, daß ich nicht erkennen kann, was problematisch daran sein soll, daß ein<br />

Gedankenexperiment als Bestandteil einer Argumentation im Prinzip ersetzbar sein soll, folgt<br />

Häggqvists Überlegung aber gar nicht. Der Fehler schleicht sich ein, weil Häggqvist die Idee, daß<br />

das Szenario leicht zu reparieren ist, so umschreibt:<br />

[...] nobody has ever taken Putnam’s thought experiment seriously. Perceiving the inconsistency,<br />

philosophers have immediately dismissed it as irrelevant, firm in their conviction that there are<br />

easily available alternative thought experiments that are free from this blemish. 175<br />

Ich bin im Allgemeinen nicht interessiert an der Frage, wann zwei <strong>Verfahren</strong> noch dasselbe<br />

Gedankenexperiment sind. Jede Änderung des Szenarios als Anlaß zu nehmen, von einem neuen<br />

Gedankenexperiment zu sprechen, erscheint mir aber insofern unplausibel, als die Variation von<br />

Szenarien wichtiger Bestandteil des <strong>Verfahren</strong>s sein kann. Erst wenn man aber annimmt, daß jede<br />

Änderung des Szenarios schon ein neues Gedankenexperiment hervorbringt, legt ein mögliches<br />

Reparieren des Szenarios nahe, daß das Gedankenexperiment verzichtbar ist. Es folgt auf keinen<br />

Fall, daß <strong>Gedankenexperimente</strong> überhaupt verzichtbar sind. 176<br />

Die zweite Erklärung, die Häggqvist anführt, um zu erklären, daß niemand die Inkonsistenz des<br />

Szenarios ernst nimmt, lautet<br />

that philosophers have managed to have forbearance with this defect simply because attending to<br />

it would be an irritating obstacle to discussing more interesting issues. 177<br />

Er äußert nachsichtiges Verständnis für ein solches Vorgehen, findet es jedoch nicht rational.<br />

Tatsächlich ist der Verweis auf dringendere Probleme legitim, aber sicherlich keine eigenständige<br />

Rechtfertigung, ein defizitäres Szenario zu akzeptieren. Das ist aber nicht schlimm, denn wir<br />

haben bessere Erklärungen zur Hand, weshalb wir Fehler in Szenarien dulden.<br />

Vor allem ist Häggqvists erste Erklärung gar nicht so abwegig, wie er sie darstellen möchte. Wir<br />

haben schon gesehen, daß Verallgemeinerungen in <strong>Gedankenexperimente</strong>n sehr einfach erreicht<br />

werden können, indem man die Beschreibung des Szenarios variiert oder allgemeiner faßt und<br />

sich fragt, ob dieser variierte oder allgemeinere Fall genauso beurteilt werden sollte wie das<br />

konkrete Szenario, mit dem man startete. Dementsprechend fassen wir das konkrete Szenario,<br />

welches wir uns die Mühe machen, genauer zu beschreiben, typischerweise von vornherein als<br />

175 Häggqvist [TEiP] 169.<br />

176 Häggqvist glaubt außerdem, die Reparierbarkeitsanalyse sei unplausibel, da Putnam später viel Energie darauf<br />

verwandt habe, die Chemie von Wasser aufzuklären und verweist explizit auf Putnam [IWNH]. Aber Putnams<br />

Bemühungen in [IWNH] gelten der Frage, ob Wasser notwendig H2O ist, nicht mehr der Frage, ob Bedeutungen im<br />

Kopf sind. Seine Ausführungen sind also keineswegs Versuche, das Szenario aus [MoM] zu retten.<br />

Dementsprechend kommt in [IWNH] auch nur das ungefähre Setting, nicht aber das ursprüngliche Szenario aus<br />

[MoM] vor.<br />

177 Häggqvist [TEiP] 169.<br />

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