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Gedankenexperimente Eine Familie philosophischer Verfahren

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Szenarien, von denen sich herausstellt, daß wir nur aufgrund einer unvollständigen, oder<br />

fehlerhaften Beschreibung dachten, wir verständen, was in ihnen der Fall sei, kennzeichnen wir<br />

als unmöglich, wenn sich der Fehler nicht beheben läßt. Solche Fälle gibt es. Es sind aber nicht<br />

Fälle, auf welche die angeblich Wittgensteinsche Kritik zielt. Diese möchte zusätzlich zu<br />

unmöglichen Szenarien auch solche aussortieren, in denen unsere Begriffe keine Anwendung<br />

finden. Das Problem ist, daß sich für diese Sonderklasse keine Beispiele finden lassen. Entweder<br />

das Szenario ist nicht konsistent beschreibbar, dann kennzeichnen wir es als unmöglich. Oder es<br />

ist konsistent beschreibbar, dann finden aber auch unsere Begriffe Anwendung.<br />

Diese Überlegungen zeigen m. E., daß der Versuch, in Anlehnung an Wittgensteinsche<br />

Bemerkungen bizarre Szenarien grundsätzlich als sinnlos zu markieren, zum Scheitern verurteilt<br />

ist. Das Problem der Anwendbarkeit all unserer Begriffe, daß sich bei gewagter Lesart einiger<br />

Wittgensteinscher Paragraphen konstruieren läßt, führt lediglich zu einem Kriterium für<br />

unmögliche Szenarien.<br />

3.2.2.2 Der Wittgenstein-Steinbruch II: Dieser (relevante) Begriff ist nicht anwendbar<br />

<strong>Eine</strong> interessantere Form der Kritik bleibt von diesem Scheitern jedoch unberührt. Wittgenstein<br />

warnt in den zitierten Passagen davor, vorschnell zu glauben, man hätte ein vorgestelltes Szenario<br />

korrekt beschrieben. Wenn wir genauer hinsehen, stellen wir fest, daß Begriff F auf die Situation<br />

entweder gar nicht anwendbar ist oder daß der Begriff die Situation falsch beschreibt. Es ist diese<br />

–zunächst einmal recht schlicht wirkende– Warnung, der ich im Folgenden nachgehen will und<br />

die m. E. die konstruktivste Interpretation ist, die wir der Überlegung geben können, daß bizarre<br />

Szenarien nicht beurteilbar sind.<br />

Die Warnung existiert in zwei Formen. In ihrer einfachen Form bezweifelt man, daß ein Begriff<br />

auf ein Szenario zutrifft. In der komplexeren Form bezweifelt man, daß die Voraussetzungen<br />

gegeben sind, die gegeben sein müssen, damit die Debatte, daß der Begriff B auf ein Szenario<br />

zutrifft, überhaupt Sinn macht. Es gibt kein Kriterium, das scharf zwischen den beiden Formen<br />

unterscheidet.<br />

Bevor ich mich der Warnung widme, will ich zeigen, daß Wittgenstein selbst Szenarien benutzt,<br />

die diese Warnung verdeutlichen sollen:<br />

Könnten wir uns einen Menschen vorstellen, der sich dort immer wieder irrt, wo wir einen Irrtum<br />

für ausgeschlossen halten und ihm auch nicht begegnen?<br />

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