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Stammeschronik - Stamm Voortrekker

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und Schützengräben. Drei sechsköpfige Gruppen waren es dort, die Nachrichten überbringen,<br />

Verletzte bergen, Munition schleppen mussten.<br />

So entstand die Idee der Pfadfinderei - als Nebenprodukt des Krieges. Zurück in England,<br />

stellte Baden-Powell fest, dass Jugendliche ihre Freizeit hier längst mit seinem Militärhandbuch<br />

Aids to Scouting verbrachten.<br />

Damals begann der Brite mit der Arbeit an einem Konzept, das über ein Jahrhundert aktuell<br />

bleiben würde: Erziehung, verbunden mit Erleben. Baden-Powells Buch Scouting for Boys<br />

wurde zum Bestseller und eines seiner Grundprinzipien weltweit zur Parole ambitionierter<br />

Laien (und zur Entschuldigung für Fehlschläge jeder Art): Learning by Doing, wie längst<br />

nicht mehr nur der Engländer sagt.<br />

Was aber sind das für Menschen, die sich noch 100 Jahre später von dieser Idee begeistern<br />

lassen? Wie sieht eigentlich der Musterpfadfinder aus? Professor Klaus Hurrelmann, Leiter<br />

der Shell-Jugendstudie 2006, stellt ihn sich so vor: zehn bis elf Jahre alt, männlich, eher unauffällig,<br />

leistungsfähig, bereit, sich anzupassen, halbwegs guter Schüler, will etwas in einer<br />

Organisation erleben, weil er selbst nicht genügend Anregungen bekommt, Selbstbewusstsein<br />

auf der Kippe, »kein großer Konsumfreak«.<br />

Der Hang zum Wandern scheint ein spezieller deutscher Zug zu sein<br />

Dieser Musterpfadfinder kommt nicht immer aus der Metropole, ebenso gut kann er auf dem<br />

Land wohnen, weil das Leben auch dort längst nicht mehr Ursprünglichkeit und Naturerlebnis<br />

bedeutet. Fünf bis sechs Jahre später klingt sein Entwicklungsstand dann wie das Anforderungsprofil<br />

einer Stellenausschreibung. Er hat Ämter übernommen und ist in der Organisation<br />

aufgestiegen. Ein leistungsbereiter junger Mann mit gefestigtem Selbstbewusstsein ist nach<br />

Hurrelmanns Einschätzung aus ihm geworden, sozial verantwortlich, mit Ausstrahlung und<br />

Kompetenz.<br />

Vielleicht ein Typ wie Albert Sonnabend, obwohl der schon 19 ist. Groß gewachsen, dunkles<br />

Haar, dunkle Stimme, Pfadfinder seit acht Jahren, Lehrling seit einigen Monaten in einer<br />

Werkstatt in Erkrath bei Düsseldorf, ruhig gelegen zwischen einer Sackgasse und dem Friedhof.<br />

»Steinbildhauermeister Martin Hahn« steht an der Tür.<br />

»Na ja, was heißt Steinbildhauer«, sagt der Meister und lehnt sich mit verschränkten Armen<br />

an einen Granitblock, »das klingt wie: Ich bin jetzt mal Jörg Immendorff.« Dabei gehe es weniger<br />

um Kunst, vielmehr ums Zupacken. Lehrlinge brauche er, die sich auch mal dreckig<br />

machen wollten. Zwei hat er entlassen, die wollten das nicht. »Ein Doktorssöhnchen war dabei«,<br />

sagt Hahn, »der hat hier nur in Aids-Handschuhen gearbeitet, damit er keine Schwielen<br />

kriegt.«<br />

Davor hat sein neuer Auszubildender keine Angst. In den Lagern könne er sich ja auch nicht<br />

vor der Arbeit drücken, sagt der Meister. Da muss der Lehrling grinsen. Ja, und dass dieser<br />

selbstständig seine Fahrten organisiere, »eher low budget« reise und es immer noch im Regen<br />

aushalte, wenn er selber längst den nächsten Campingplatz aufsuchen würde - »doch, das imponiert<br />

mir«, sagt Hahn und blickt auf den jungen Mann, der nicht wie er Flip-Flops und Cargohose<br />

trägt, sondern staubige Zunftkleidung.<br />

Fahrt und Form bedeuten viel für Albert Sonnabend. Seit Jahren ist er mindestens ein- bis<br />

zweimal im Monat unterwegs, am Wochenende mit seiner Sippe oder auch nur mit zwei Mit-<br />

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