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Stammeschronik - Stamm Voortrekker

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seien? Da lacht Frau Elf. »Das sind ganz normale Jugendliche. Selbstständiger vielleicht, aber<br />

Mist bauen die genauso viel.«<br />

Vielleicht etwas weniger Selbstständigkeit hätten sich Madlen Wiesners Eltern von ihrer<br />

Tochter gewünscht, die jetzt gerade auf einem Strohballen in einer Jurte sitzt und sich beim<br />

Sprechen einen Halm um ihren Finger wickelt wie um eine Spule. Nicht an einen einzigen<br />

Familienurlaub kann sich die 26-Jährige in ihrer Jugend erinnern - immer zog sie Fahrten mit<br />

den Pfadfindern vor. Seit 16 Jahren ist die Vorsitzende des BdP-Landesverbandes Nordrhein-<br />

Westfalen Pfadfinderin. Das erzähle sie Fremden gern und meist mit dem Zusatz: »Auch<br />

wenn man's mir nicht ansieht.«<br />

Pfadfinder, soll das heißen, können auch blonde Frauen mit Wimperntusche und Tätowierung<br />

auf dem Steißbein sein. Das scheint nicht selbstverständlich, für Außenstehende nicht und<br />

manchmal auch nicht für die Pfadfinderinnen selbst. Sonst hätten sie mit einigen Frauen im<br />

Landesverband kürzlich nicht die Frage diskutiert: »Sind wir eigentlich alle Mannweiber?«<br />

Etwa 80.000 weibliche Mitglieder zählen die Verbände in Deutschland. In den meisten ist<br />

Koedukation - gemeinsame Erziehung beider Geschlechter - seit Jahrzehnten Prinzip. Jeder<br />

soll alles machen. Holz hacken, kochen, Zelt aufbauen. Und doch ist das Pfadfinderleben offenbar<br />

männlich geprägt geblieben. Aber weshalb hätte sie in einen reinen Frauenbund gehen<br />

sollen, fragt die Vorsitzende zurück. »In der Gesellschaft sind wir doch auch alle zusammen.«<br />

Vielleicht sei der Umgang von Mädchen und Jungen in ihrem Bund so selbstverständlich geworden,<br />

dass man manchmal nicht mehr sensibel genug für die verschiedenen Bedürfnisse<br />

sei. Darüber habe sie sich früher wenig Gedanken gemacht, weil sie selbst immer durchsetzungsstark<br />

gewesen sei. Sie denke aber inzwischen, dass es nicht wenige Mädchen gebe, die,<br />

umgeben von Jungen, an Selbstsicherheit verlören. Sie findet Veranstaltungen gut, wie sie ihr<br />

Landesverband gelegentlich nur für Mädchen anbietet. Ein Kurs in Motorsägen etwa, »ohne<br />

dass gleich ein Typ danebensteht und sagt: 'Wie machst du das denn?'«<br />

Wie lange sie selbst noch Pfadfinderin bleiben wird, kann sie nicht sagen. Wenn alles klappt,<br />

arbeitet sie bald als Assistentin eines EU-Abgeordneten in Brüssel.<br />

Wann ist man eigentlich zu alt als Pfadfinder? Das kann auch Roland Baetzel nicht beantworten,<br />

der seit über 30 Jahren auf den Namen Mose« hört. Mit 40 Jahren ist er der mit Abstand<br />

jüngste Vorsitzende, den sein Bund, der BdP, je hatte. Aber aus der Sicht der Zielgruppe, sagt<br />

er, sei ein 40-Jähriger »natürlich schon ein alter Sack«. In der Mittagssonne steht Baetzel vor<br />

einem der schwarzen Zelte, das seinen Schatten schluckt.<br />

Ein schönes Gelände im nordhessischen Immenhausen ist es, auf dem sein Bund ein Wochenende<br />

lang das Jubiläum der Bewegung feiert. Viel hessischer Wald und von einem Bach<br />

durchzogene Wiesen. Auch Ehemalige sind gekommen, die an den Jurten ihrer früheren<br />

Stämme stehen bleiben wie vor einem Haus, in dem man einst gewohnt hat und nun kaum<br />

noch einen Mieter kennt. Hin und wieder unterhalten sich dann die Jungen mit den grauhaarigen<br />

Jugendarbeitsveteranen, die für sich die Frage, wann es aufhört mit der Pfadfinderei,<br />

längst mit »Nie« beantwortet haben.<br />

Der klassische Fall von Loslassensollen und Loslassenkönnen. Warum sollte man auch, wenn<br />

es den Pfadfindern an Personal mangelt wie den meisten auf Ehrenamtliche angewiesenen<br />

Organisationen? In nicht wenigen Stämmen ist der Leitsatz »Jugend für Jugend« vom hehren<br />

Prinzip zur schieren Notwendigkeit geworden.<br />

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