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Stammeschronik - Stamm Voortrekker

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Pascal Elf ist mit 18 Jahren inzwischen fast der Senior des <strong>Stamm</strong>es Vagabunden und offenbar<br />

der Einzige ohne Spitznamen, bis jemand vorübergeht und sagt: »Hallo, Schlampe!«, und<br />

Pascal ruft: »Klappe!« Schon als Wölfling - im Pfadfinderjargon die Jüngsten - war er dabei.<br />

Durchgängig bis heute, mit Ausnahme einer achtmonatigen Auszeit, verursacht durch seine<br />

Exfreundin. Das, schwört er, passiere ihm nicht wieder. »Wenn ich noch mal eine nehme,<br />

dann nur eine mit Halstuch.«<br />

Mittlerweile ist er <strong>Stamm</strong>esführer von rund 30 durchschnittlich 16,4 Jahre alten Mitgliedern,<br />

wie er kürzlich berechnet hat. Mehr als zwei Jahre bereits, weil sein Vorgänger überraschend<br />

aufhörte. Aber Führungsprobleme haben bei den Vagabunden Tradition wie bei anderen<br />

Stämmen Singerunden. Sie setzen hier immer einige Jahre früher ein als in den vielen bürgerlich<br />

geprägten Ortsgruppen mit hohem Gymnasiastenanteil, wo Pfadfinderlaufbahnen frühestens<br />

nach dem Abitur und manchmal auch erst nach dem Studium enden - aber selten im<br />

Lehrlingsalter.<br />

Ein Haufen statistischer Sonderfälle sind die Westerfilder. Hauptschüler sind darunter, Realschüler,<br />

Kinder aus Projekten wie Betreutes Wohnen. Nicht die Art von sozial privilegierten<br />

Jugendlichen, auf die der Begriff »kreative Freizeitelite« aus der Shell-Jugendstudie zutrifft -<br />

als solche würde der Jugendforscher Hurrelmann die Pfadfinder grundsätzlich bezeichnen.<br />

Knapp 15 Jahre alt war Pascal, als er das Amt des <strong>Stamm</strong>esführers übernahm. Heute, sagt er,<br />

stelle er Zuschussanträge mit links und gestalte die Homepage seiner Gruppe. Er kalkuliert<br />

vor Wochenendfahrten das Essen wie in einer Großküche und kümmert sich um Farbe und<br />

Holzplatten für die Renovierung des Heimes - drei Zimmer und ein Kabuff, wie man in Westerfilde<br />

sagt, in einem tristen Wohnblock. Wie Pascal über sich spricht, das klingt, als habe er<br />

in den vergangenen Jahren in einem Entwicklungsbeschleuniger gesteckt, der nicht schneller<br />

alt, aber früher reif macht.<br />

Zu reif allerdings auch nicht. Sonst hätte er die Ausbildung zum Informationstechniker nicht<br />

wegen zu vieler Fehlstunden abbrechen müssen: über 20 in einem Monat. War nicht sein<br />

Ding, täglich sechs Stunden lang Lehrern zuzuhören, die von Technik weniger Ahnung hatten<br />

als er und wo es statt Verantwortung Hausaufgaben gab. Etwas mehr vom Einsatz ihres Sohnes<br />

für die Pfadfinder hätten sie sich schon für die Schule gewünscht, sagen die Eltern, die ihn<br />

in seiner Freizeit unterstützen, wie es andere Eltern in Vereinen tun.<br />

Fliegt der <strong>Stamm</strong> mit einer Billig-Airline nach Italien, dann verteilt Corinna Elf an ihren<br />

Mann Dieter und ihren Sohn Pascal eine Runde Zigaretten, und in einer Wolke aus Innennebel<br />

geht es im Auto mit einem Berg von Rucksäcken zum Düsseldorfer Flughafen. Herr Elf<br />

am Steuer, Frau Elf daneben, Pascal hinten. »In der Schule«, sagt Herr Elf, während die Zigarette<br />

zwischen Schnauz und Unterlippe wippt, »konnte er natürlich nicht wie bei den Pfadfindern<br />

sagen: Komm, das mache ich morgen!« - »Aber das macht er bei den Pfadfindern ja gar<br />

nicht, seltsamerweise«, korrigiert seine Frau und schaut nach hinten zu ihrem Sohn. Und der<br />

schaut nach draußen.<br />

Umgeben von lauter Jungen, verlieren manche Mädchen an Selbstsicherheit<br />

Weil er selbst Vorsitzender im Karnevalsverein sei, erzählt Herr Elf kurz vor Gelsenkirchen,<br />

wisse er es zu schätzen, wenn sich Jugendliche engagierten. »Kaum treffen die Jungs bei uns<br />

das erste Mädchen, da hören die doch auf. Oder kommen nur noch, tanzen und gehen.« In so<br />

einem <strong>Stamm</strong> gebe es mehr Verbindlichkeit. Ob denn Pfadfinder die besseren Jugendlichen<br />

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