Zensursula und negative Verantwortungsattribution - Netzpolitik
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1. Einleitung<br />
1. Einleitung<br />
Herausgehobene politische Ämter <strong>und</strong> Mandate <strong>und</strong> die sie ausfüllenden<br />
Persönlichkeiten laden nicht nur Kabarettisten dazu ein, entsprechend<br />
markante karikaturistische Rufnamen zu prägen. Rufnamen, wie „Mutti“ 1 ,<br />
„Birne“ 2 , „Genosse der Bosse“ 3 , „Herr Baron“ 4 , „rote Heidi“ 5 <strong>und</strong> die „Stones“ 6<br />
haben vielmehr auch Eingang in den breiten Diskurs der (medialen)<br />
Öffentlichkeit gef<strong>und</strong>en. Angela Merkel (CDU), Helmut Kohl (CDU), Gerhard<br />
Schröder (SPD), Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), Heidemarie Wieczorek-<br />
Zeul (SPD) sowie Frank-Walter Steinmeier <strong>und</strong> Peer Steinbrück (beide SPD)<br />
haben dies gemeinsam. Selten ist jedoch ein Name derart negativ besetzt <strong>und</strong><br />
symbolisch aufgeladen worden wie von der ehemaligen B<strong>und</strong>esministerin für<br />
Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend, Ursula von der Leyen (CDU):<br />
„<strong>Zensursula</strong>“.<br />
Dieser Name implizierte den Vorwurf, dass die CDU-Politikerin mit dem von ihr<br />
vorgestellten, von der großen Koalition verabschiedeten <strong>und</strong> nach nicht einmal<br />
zwei Jahren Geltungsdauer wieder aufgehobenen „Gesetz zur Erschwerung<br />
des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen“<br />
(Zugangserschwerungsgesetz, ZugErschwG) eine staatliche Zensur-<br />
Infrastruktur im Internet aufbauen wollte. „<strong>Zensursula</strong>“ stellte mithin eine<br />
Kombination aus dem Vornamen der Ministerin „Ursula“ <strong>und</strong> dem Begriff<br />
„Zensur“ dar.<br />
Der Protest gegen dieses Gesetz in den Jahren 2009 bis 2011 wurde vor allem<br />
„virtuell“ organisiert. Allerdings fand er durch Demonstrationen, Flugblätter,<br />
Plakate <strong>und</strong> Protest-Faxe 7 seinen Weg in die „reale“ Welt. Mit einer (wiederum<br />
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Caroline Fetscher, 19.05.2012: "Mutti" macht das schon. In: tagesspiegel.de.<br />
Christian Mayer, 03.04.2010: Meine Jahre mit Birne. In: sueddeutsche.de.<br />
Ulrike Herrmann, 17.02.2012: Null Toleranz für Schnäppchenjäger. In: taz.de.<br />
Martin Otto, 14.05.2011: Für uns immer noch Herr Freiherr zu Guttenberg. In: faz.net.<br />
Jürgen Leinemann, 10.05.1993: Mächtig am Kommen. In: spiegel.de.<br />
Hajo Schumacher, 30.10.2011: Warum ist Steinbrück so laut, so früh, so plump?. In:<br />
welt.de.<br />
Christoph Bieber, 2011: NoBailout <strong>und</strong> #<strong>Zensursula</strong>. Online-Kampagnen in der<br />
Referendumsdemokratie. In: Klaus Kamps et al. (Hrsg.): Politische Kampagnen in der<br />
Referendumsdemokratie. Wiesbaden (im Erscheinen): 11.<br />
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