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R - Brasiliana USP

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— XI —<br />

Wie das Pflanzenreich in der Vereinigung seiner verschiedenen Gestalten der Erde<br />

Brasiliens einen allgemeinen landschaftlichen Charakter verleiht, wie Wald und Flur, aus<br />

dem Zusammentritte der vielseitigen Menge gebildet, unter besondern Einflüssen des Klima<br />

und des Bodens sich zu gewissen Hauptformen entwickeln, in welcher Ausdehnung und unter<br />

welchen Verhältnissen diese in gegenseitiger Begrenzung wechseln, habe ich bereits an<br />

einem Orte darzustellen versucht*); — hier nun möge mir der freundliche Leser auf entgegengesetztem<br />

Wege folgen , und diejenigen Pflanzenformen im Einzelnen kennen lernen,<br />

welche, bezeichnend für die Physiognomie Brasiliens, und somit gewisscrmaassen des ganzen<br />

tropischen America, vor allen eine genauere und von der Phantasie fassliche Beschreibung<br />

verdienen.<br />

jfc<br />

Jede Gestalt im Pflanzenreiche, die einfachste wie die zusammengesetzteste, wird<br />

durch dasjenige Organ bestimmt, welches wir mit einem allgemeinen und vieldeutigen Namen<br />

das Blatt nennen. Nicht nur, dass es Blätter sind, die, nach einer wundervoll gesetzmässigen<br />

Metamorphose umgebildet, sich zu den zarteren Formen der Blumen gestalten,<br />

und auä denen endlich die Frucht hervorgeht, die, ebenfalls ein oder mehrere umgewandelte<br />

Blätter, den Bildungsgang des Gewächses momentan oder für immer hemmt, so<br />

ist auch das gesammte Gerüste,'an welchem sich dieBlätter erheben: — der Halm des Grases,'der<br />

Strunk des Farnbaums, der Schaft einer Palme, der Stamm des Eichbaumes, — das<br />

naturgemässO* Resultat eben jener vielgestaltigen, sich in mancherlei Successionen übereinander<br />

erhebenden Blätter. Da wo diese Blätter mit der sie tragendem Achse (bei der ersten<br />

Entwicklung, aus dem Saamen, mit demMittelkörper des Keims) verbunden:•' sind, aus<br />

dem sogenannten Knoten, entwickeln sie!, jedes für sich, eine neue Succession ähnlicher,<br />

nach Oben hin'metamorphorsirter Blätter, Und Stamm und Aeste, nach und nach durch<br />

gleichzeitige Ablagerung Von Zellen', Fasern und Gefässen zu festem Holze verdichtet, mächtig<br />

in Länge und Breite gedehnt, sind der derbere, beständige Grundbau, erzeugt zugleich mit<br />

dein gesetzmässigen Spiele der Wanderung und des Wandels vorübergehender Blätter. So<br />

erscheint uns jede Gestalt im Pflanzenreiche als 1 das verkörperte Bild einer geheimnissvollen<br />

Magie, womit, in jedem Gewächse nach eingebornem Drange, die hinfälligen zarten Blätter<br />

hervörtreibeh, und, verwandelt oder'nicht, aus ihrem Schoosse zeugend oder unfruchtbar,<br />

wieder vergehen. Ein grosses Gesetz der Bewegung des ursprünglich Einförmigen" schafft<br />

jenes bunte, heitere, Gemüth erhebende Kleid der Erde — die unschuldige Pflanzenwelt.<br />

Wenn somit unser Sinn von dem allgemeinen Umrisse des mächtig verästeten Ulttibaums,<br />

der freiemporstrebende Palme, des im Winde schwankenden Rohres gefesselt wird, wenn die<br />

Farbe in der überschwenglichen Fülle grünen Laubes oder in der Pracht schimmernder<br />

Blumen auf unser Gemüth wirkt, so liegt unserer Anschauung ein dunkles Gefühl von der<br />

herrlichen Einheit und Harmonie der Architectür zum Grunde, womit die Pflanzen sich<br />

aufbauen.<br />

Diese allgemeine Betrachtung dürfte einleitend hier am rechten Orte seyn, wenn wir<br />

die Hauptformeir des Pflanzenreiches<br />

genauer bezeichnen wollen, die den landschaftlichen<br />

*) Die Physiognomie des Pflanzenreichs in Brasilien, eine akademische Bede. München 1824.<br />

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