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R - Brasiliana USP

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— XXVIII —<br />

standen und verklungen seyn! Fremd der Lust und dem Wehe des menschlichen Gesohlechtes,<br />

sich selbst genug und seiner Entwickelung Gewährschaft und Messer, knüpft solch 1 ein<br />

Baum seine Geschichte, gleichsam jenseits der Menschengeschichte, an jenen Katastrophen<br />

an, die der jetzt lebenden Pflanzenwelt Boden bereitet haben. Nur wenige Successioneh<br />

seiner Vorgänger reichen über das Weltalter hinaus, in dem er grünet und blüht; ja vielleicht<br />

gewährte sein Geschlecht einst jenen Thiercolossen, dem Mastodon und dem noch<br />

grösseren Megatherium, Nahrung und Obdach, deren Gebeine, weithin zerstreut durch die<br />

Sümpfe Südamerica's, von keinem Reste einer untergegangenen Pflanzenschöpfung begleitet<br />

werden. Bei dem, Jahrhunderte hindurch erneuten Wachsthum solcher Bäume tritt der unterste<br />

Theil des Stammes sternförmig in Ungeheuern Flächen auseinander, und bildet eine<br />

breite, vieleckige Grundfeste, auf der sich der übrige cylindrische Schaft erhebt*). Auf den<br />

Sinn des Betrachters wirkt ein solcher Baum der Urwaldung mit der Kraft und Fülle eines<br />

Elementes: einfach, riesenhaft. Wie in der unübersehbaren Fläche des Oceans verliert sich<br />

der Blick hier in ein Meer von Blättern, wie von einem kühn aufgethürmten Felsen prallt<br />

das Auge von der ungeheueren Masse des Stammes zurück. Auch gebärden sich diese Riesen<br />

des Pflanzenreiches wie ein Element, werden sie mit den feindlichen Kräften um sie<br />

her in Kampf versetzt. Wer vermag das Grausen jener Nächte zu schildern, wenn der Orcan<br />

auf die Urwaldung fällt, Laub und Stämme aufwühlt, und wenn tiefes Brausen und Aechzen<br />

und Donner den zornigen Streit dieser grünen Titanengeschlechter gegen Jupiters Sturmwind<br />

und Blitze verkündigen! Wessen Muth beengt nicht die furchtbare Scene, wenn ein<br />

wildes Feuermeer, von zerstörender Menschenhand in die Laubgewölbe geschleudert, den<br />

widerstrebenden Bau in Asche legt! Der Brand eines tropischen Urwaldes ist eines der<br />

grossartigsten Naturschauspiele. Wer den vollen Eindruck von der Grösse und dem Ernste<br />

dieser uralten Gewächse erhalten will, der muss sich weit in das Dunkel der Urwälder vertiefen;<br />

dort, in,stiller Einsamkeit, reden sie, dort erfüllen sie die Brust des Menschen<br />

der Baum in eine Periode der vollsten Lebenskraft, wo er auf allen Aesten Saamen ausbildet; und<br />

von diesem Höhenpuncte altert er. im langsamen Nachlasse der Kräfte, noch volle Jahrhunderte hindurch,<br />

bis er, wie alles Irdische, der Herrschaft des Todes verfällt. Diese Betrachtung und die ungeheueren<br />

Grössenverhältnisse mögen darthun, das3 zehn Successionen eines tropischen Urwaldbaumes<br />

schon bis zur ersten Epoche unserer schriftlichen Urkunden hinaufreichen. Ich habe in den<br />

Urwäldern Brasiliens viele Stämme gesehen, die 120 bis 180 Fuss, und bis zu den ersten Aesten 80<br />

bis 120 Fuss in der Länge, am dicksten Theile 45 Fuss im Durchmesser massen. In Europa rechnen<br />

wir Stämme von solchen Dimensionen unter die seltnen Wunder, aus einer frühen Vergangenheit<br />

übrig; so z. B. den dicksten Baum in Europa, die Castanie auf dem Aetna, von 160 Fuss Umfang,<br />

die Linden in Lithauen von 82 Fuss Umfang, mit 815 Jahrringen, die Eichen in den polnischen<br />

Wäldern von 4g Fuss Umfang, mit 710 deutlichen Jahrringen, welche daher tausend Jahre alt<br />

geschätzt werden. In den Tropenländern sind Jahrringe minder deutlich, und nach ihnen ist jede<br />

Altersbestimmung trüglich.<br />

•) Je älter undmächtiger der oberirdische Pflanzentheil wird, desto geringer wird verhältnissmässig das<br />

Volumen desUnterirdiscbÄn, der eigentlichenWurzel. Ich habe über dieseEigenthümlichkeitdesWachsthums<br />

in den Tropenländern WBsungen angestellt, die ein fortschreitendes Ueberwiegen des Stammes gegen<br />

die Wurzel nachweisen. Vergl. Tab. IL x. einen tausendjährigen Stamm der Bertholletia excelsa, H.

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