edition two corporate responsibility magazine ... - Phase 4 GmbH
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Noch bevor wir Angst empfinden, reagieren wir auf die Gefahr. Wir springen<br />
zurück, bevor wir eine Schlange wirklich erkannt haben. Der Vorsprung beträgt<br />
wenige Millisekunden, doch er kann über Leben und Tod entscheiden.<br />
kleines Stück näher liegt. Die an den Mandelkern<br />
gerichtete Botschaft erreicht zuerst ihr Ziel.<br />
Während die Sehrinde die verarbeitete Information<br />
zur rationalen Analyse weiterleitet, schickt<br />
der Mandelkern bereits Botschaften in Gehirnbereiche,<br />
die Veränderungen im Nervensystem und<br />
im Hormonhaushalt des Körpers auslösen und<br />
Reaktionen bewirken. Noch bevor wir Angst<br />
empfinden, reagieren wir auf die Gefahr. Wir<br />
springen zurück, bevor wir uns vor der Schlange<br />
fürchten. Der zeitliche Vorsprung beträgt nur<br />
wenige Millisekunden, doch er kann über Leben<br />
und Tod entscheiden.<br />
Dass wir zunächst emotional auf Risiken reagieren,<br />
statt die Fakten zu analysieren, hat auch mit<br />
der Art zu tun, wie wir lernen. Die ersten Signale<br />
über eine Gefahr, die das Gehirn erreichen, sind<br />
so stark, dass sie neue Verbindungen zwischen<br />
Gehirnzellen schaffen und bestehende Verbindungen<br />
verstärken. Wir können besser auf eine<br />
Bedrohung reagieren, wenn wir ihr zum zweiten<br />
Mal begegnen. Treffen mehr faktische Informationen<br />
über das Risiko ein, müssen sie die<br />
gefühlsbegründeten Nervenschaltungen ändern,<br />
bevor wir unsere bewusste Risikowahrnehmung<br />
korrigieren. Das bedeutet: Die erste, emotionale<br />
Reaktion auf eine Bedrohung gibt vor, wie wir<br />
darüber denken. Die faktischen Informationen,<br />
die wir anschließend gewinnen, treten in Konkurrenz<br />
zur ursprünglichen Vorgabe.<br />
EMOTIONALE FAKTOREN<br />
Aber wie entscheidet das Gehirn, vor welchen<br />
äußeren Reizen wir uns fürchten? Warum ängstigen<br />
uns relativ geringe Risiken so sehr, während<br />
wir manche größeren ignorieren? Kognitive<br />
Psychologen haben die emotionalen Faktoren der<br />
Risikowahrnehmung identifiziert: Paul Slovic von<br />
der University of Oregon, Baruch Fischoff von der<br />
Carnegie Mellon University und Sarah Lichtenstein<br />
von der Firma Decision Research.<br />
Die Forscher fanden heraus, dass sich alle Menschen<br />
tendenziell vor ähnlichen Dingen fürchten,<br />
und zwar aus ähnlichen Gründen. Risiken weisen<br />
bestimmte Merkmale auf, die uns, ungeachtet<br />
der wissenschaftlichen Wahrscheinlichkeit, mehr<br />
oder weniger Angst einjagen. Im Folgenden werden<br />
einige dieser Merkmale der Risikowahrnehmung<br />
beschrieben und jeweils durch ein einfaches<br />
Beispiel veranschaulicht.<br />
Kontrolle: Die meisten Leute fühlen sich relativ<br />
sicher, wenn sie Auto fahren. Es beruhigt uns, das<br />
Lenkrad in den Händen zu halten. Kaum wechseln<br />
wir auf den Beifahrersitz, werden wir etwas<br />
nervös, weil uns die Kontrolle entzogen ist. Mit<br />
steigender Kontrolle neigen wir möglicherweise<br />
dazu, ein Risiko zu verdrängen.<br />
Der Schreckensfaktor: Was ist schlimmer, von<br />
einem Hai gefressen zu werden oder an einem<br />
Herzinfarkt zu sterben? Jährlich sterben in<br />
Deutschland rund 86 000 Menschen an einem<br />
Herzinfarkt, weltweit weniger als 20 an einem<br />
Haiangriff. Aber der schreckliche Tod des Gefressenwerdens<br />
ruft größere Angst hervor.<br />
Menschengemachtes Risiko: Wir fürchten uns<br />
mehr vor Risiken, die der Mensch verursacht, als<br />
vor natürlichen Risiken. Viele sorgen sich mehr<br />
wegen Strahlung auf Grund von Kernkraft oder<br />
Mobiltelefonen als wegen der Sonnenstrahlung.<br />
Letztere stellt ein höheres Gesundheitsrisiko dar.<br />
Wahlfreiheit: Enthält ein Nahrungsmittel einen<br />
potenziell gefährlichen Bestandteil, der nicht auf<br />
dem Etikett genannt wird, erscheint uns das Produkt<br />
riskanter, als wenn der Inhaltsstoff auf dem<br />
Etikett steht. Die Information lässt uns die Wahl.<br />
Kinder: Uns leiten ein Selbsterhaltungs- und ein<br />
Fortpflanzungstrieb. Das Überleben unserer Spezies<br />
hängt davon ab, dass unsere Nachkommen<br />
nicht in jungen Jahren sterben. Betrifft ein Risiko<br />
unsere Kinder – etwa die Asbestverseuchung eines<br />
Gebäudes –, finden wir das schlimmer, als<br />
wenn das gleiche Risiko Erwachsene betrifft.<br />
„Organismen, die<br />
Gefahren nicht<br />
erkennen konnten,<br />
überlebten nicht<br />
und vererbten ihre<br />
Gene nicht weiter.“<br />
David Ropeik, 53,<br />
Harvard Center for Risk<br />
Analysis, Boston<br />
Two 2003 39