edition two corporate responsibility magazine ... - Phase 4 GmbH
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SOZIALES<br />
5.1 Demografie<br />
„Sozialkompetenz,<br />
die sich Mitarbeiter<br />
durch freiwilliges<br />
Engagement aneignen,<br />
kommt nicht<br />
zuletzt ihrem Arbeitgeber<br />
zugute.“<br />
Udo Rössler, 40,<br />
Kompetenzzentrum für<br />
soziales Engagement<br />
der Allianz Group<br />
steigen auch die Opportunitätskosten, also das<br />
entgangene Einkommen beim Verzicht auf Erwerbsarbeit.<br />
Aus Mangel an flexiblen Beschäftigungsmodellen<br />
läuft es immer wieder auf eine<br />
Entscheidung für Kinder oder Karriere hinaus.<br />
Dass es auch anders geht, beweist Skandinavien,<br />
wo institutionalisierte Kinderbetreuung und<br />
Familienteilzeit heute die Regel sind; dort weist<br />
auch die Geburtenrate nach oben. Das Schlusslicht<br />
bilden hier Italien und Spanien. Für Frauen,<br />
die arbeiten wollen – und das sind im südlichen<br />
Europa angesichts aufbrechender patriarchalischer<br />
Gesellschaftsmuster immer mehr –, gibt es<br />
zur traditionellen Geschlechterrolle als Hausfrau<br />
häufig nur die Alternative der Kinderlosigkeit.<br />
Sozialpolitiker aller Coleur fordern deshalb Möglichkeiten,<br />
Erwerbs- und Familienbiografie besser<br />
aufeinander abzustimmen. „Nur durch Angebote<br />
zur Kinderbetreuung, größere Wertschätzung<br />
von Erziehungsarbeit und flexible Arbeitszeiten<br />
schaffen wir bessere gesellschaftliche Rahmenbedingungen<br />
für die Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Familie“, akzentuiert der Familiensoziologe Professor<br />
Norbert F. Schneider von der Johannes Gutenberg-Universität<br />
Mainz. Andernfalls bleiben<br />
immer mehr Menschen kinderlos – für die Gesellschaft<br />
ein unkalkulierbares Wohlstandsrisiko.<br />
DEUTSCHLAND HINKT HINTERHER<br />
Noch ist es nicht zu spät. Gefragt sind vor allem<br />
bessere Betreuungsangebote (siehe Grafik rechts).<br />
Mütter nehmen umso häufiger einen Job an, je<br />
weniger Sorgen sie sich um den Verbleib ihrer<br />
Kinder machen müssen. Hier hinken die alten<br />
Bundesländer weit hinter Europas Musterknaben<br />
Frankreich, Belgien, Dänemark oder Schweden<br />
hinterher. Den Finanzbedarf, um auf das Niveau<br />
der Spitzenreiter zu kommen, schätzt das Deutsche<br />
Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin<br />
auf 19 Milliarden Euro pro Jahr. Gefordert ist aber<br />
nicht nur die öffentliche Hand, auch Unternehmen<br />
müssen sich zu ihrer sozialen Veran<strong>two</strong>rtung<br />
bekennen. Modelle gibt es zuhauf; sie können<br />
eigene Betriebskindergärten gründen – wie<br />
Siemens oder Ikea – oder sich mit Belegplätzen in<br />
öffentlichen Einrichtungen einkaufen.<br />
Mangelhafte Kinderbetreuung, vernachlässigte<br />
Familien, unter Beschuss stehende Rentner – ist<br />
die gesellschaftliche Ordnung komplett aus den<br />
Fugen geraten? Keineswegs: Laut Shell-Studie<br />
geben fast 90 Prozent der deutschen Jugendlichen<br />
an, mit ihren Eltern gut auszukommen. Knapp 70<br />
Prozent erklären sogar, die eigenen Kinder ähnlich<br />
erziehen zu wollen. Auch die These, dass<br />
früher alles besser war, hält keiner kritischen<br />
Prüfung stand: „In der Vergangenheit waren<br />
familiale Beziehungen nicht harmonisch und<br />
unterstützend, sondern von Verteilungskämpfen<br />
und Mangelverwaltung dominiert“, betont Professor<br />
Schneider. Erst die materielle Sicherung<br />
durch einen externen Generationenvertrag habe<br />
den Konflikt zwischen Jung und Alt entschärft.<br />
TRUGBILD VOM VERFALL DER FAMILIE<br />
Schon Ende des 19. Jahrhunderts lamentierten<br />
konservative Gesellschaftstheoretiker über die<br />
Bedrohung des gesellschaftlichen Mikrokosmos<br />
durch Industrialisierung und Urbanisierung. Tatsächlich<br />
hat es die oft beschworene Drei-Generationen-Familie<br />
damals kaum gegeben: Wer 1900<br />
geboren wurde, besaß nur eine 22-prozentige<br />
Chance, mit 40 noch Vater und Mutter zu haben.<br />
Im Jahr 2000 Geborene können zu 60 Prozent<br />
damit rechnen. Die Überschneidung der Lebenszeit<br />
hat die Intensität der Generationenbeziehungen<br />
stark gefördert: Jede sechste Großmutter<br />
sieht mindestens eines ihrer Enkelkinder täglich,<br />
und viele Großväter widmen ihren Enkeln heute<br />
mehr Zeit als früher ihren eigenen Kindern.<br />
Als Geldgeber spielen die Großeltern ebenfalls<br />
eine tragende Rolle im Familienverbund. Oma<br />
und Opa finanzieren Führerschein, Auto oder<br />
Urlaub ihrer Enkel. Noch mehr profitieren junge<br />
Menschen, die bereits einen eigenen Haushalt<br />
gegründet haben, von der Finanzkraft der Älteren.<br />
Etwa 30 Prozent der Eltern leisten regelmäßige<br />
Geldtransfers an ihre erwachsenen Kinder und<br />
schenken ihnen dabei im Schnitt 2000 Euro pro<br />
Jahr, so ein Ergebnis des vom Bundesfamilienministerium<br />
in Auftrag gegebenen Alters-Survey.<br />
Ohne diese voraussetzungslose Solidarität wären<br />
die Sozialsysteme längst zusammengebrochen.<br />
90 Two 2003