Jahresbericht 2011 - Ostalb-Klinikum
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Seelsorge<br />
Der beschleunigte Wandel in unserer Gesellschaft<br />
spiegelt sich in besonderer Weise<br />
im Krankenhaus wider. Auf allen Ebenen<br />
unserer Hause ist der Alltag davon geprägt.<br />
Das ärztliche Wirken und die Pflege werden<br />
optimiert. Die immer besser gelingenden<br />
Bild gebenden Verfahren erleichtern und sichern<br />
die Diagnose und letztlich wird alles<br />
unter Kostenargumenten und entsprechend<br />
ständig geforderter Effizienz geplant und<br />
durchgeführt. Zu diesem Wandel gehört<br />
auch die Gründung eines Ethik-Komitee,<br />
um zukünftig auch in schwierigen Fragen<br />
den Entscheidungsträgern Hilfestellung<br />
anzubieten. Pfarrerin Ursula Schütz ist dort<br />
Mitglied.<br />
Für die Klinikseelsorge ist besonders wichtig,<br />
dass die Verweildauer im Hause immer<br />
mehr sinkt und inzwischen unter sechs<br />
Tage gefallen ist. Das führt dazu, dass das<br />
Antreffen eines Patienten erschwert ist und<br />
ein Besuch zunächst oft daran scheitert,<br />
dass der Patient zu Untersuchungen unterwegs<br />
ist, schnell verlegt, entlassen oder in<br />
eine Anschluss-Heilbehandlung, die Kurzzeitpflege<br />
oder ins Hospiz nach Ellwangen<br />
übergeleitet wird. In diesem Sinne ist es<br />
eine Neuerung, das wir mit Pastoralreferent<br />
Heinrich Erath im Arbeitskreis Palliativ-<br />
Medizin vertreten sind. Beide Gremien<br />
ermöglichen uns vertiefte Einsichten in die<br />
Praxis und Ethik der heutigen Medizin.<br />
Die Mitwirkung im Ethik-Komitee und<br />
im Arbeitskreis Palliativ-Medizin, …<br />
Auf Grund dieser Umstände gibt es bei der<br />
seelsorgerlichen Arbeit gewisse Schwerpunkte,<br />
und ein besonderes Anliegen<br />
unserer Arbeit sind die Patientengruppen<br />
die - sich besonders lange im Hause<br />
aufhalten müssen,- unter erschwerten<br />
Umständen auf ihre Diagnose und Eingriffe<br />
warten,- alleine leben und kaum oder nur<br />
selten auf Besuch und Aufmunterung<br />
hoffen können,- auf die Aussichtlosigkeit<br />
ihrer Situation in Bezug auf einen Erfolg<br />
hingewiesen worden sind,- im Zusammenhang<br />
mit der Entlassung vor schwierigen<br />
Lebensentscheidungen stehen und darum<br />
in besonderer Weise mit sich zu kämpfen<br />
haben oder aber - unumkehrbar im Sterben<br />
liegen.<br />
Diese Aufzählung soll nur die Richtung<br />
andeuten, die bei der Arbeit einen Schwerpunkt<br />
bilden. Besonderer Dank gilt an<br />
dieser Stelle dem ambulanten Hospiz-<br />
Dienst, der es sich zur Aufgabe gemacht<br />
hat, vor allem in der Sterbebegleitung die<br />
Menschen nicht allein zu lassen und uns<br />
dadurch sehr entlastet. Mehr als zwanzig<br />
Mal gab es in <strong>2011</strong> diesbezüglich Einsätze<br />
im <strong>Ostalb</strong>-<strong>Klinikum</strong>. In diesem Zusammenhang<br />
wird auch die Spendung der Krankensalbung<br />
durch katholische Priester von<br />
vielen Angehörigen gewünscht, wofür es<br />
ein Bereitschafts-Telefon gibt.<br />
…, Kontakte und Gespräche auf den<br />
Zimmern …<br />
Es ist keine Frage, dass bei den Kontakten<br />
das Pflegepersonal eine wichtige Hilfe ist.<br />
Der Hinweis des Arztes oder der „Tipp“<br />
derer, die direkt am Bett über Tage hinweg<br />
arbeiten, ist notwendig. Auch in Zeiten<br />
eines oft überzogenen Datenschutzes ist<br />
es die Not der einzelnen Person, die ein<br />
vertrauensvolles Miteinander und den<br />
Versuch einer Hilfestellung ermöglichen<br />
sollte. Aus einem ersten Kontakt kann<br />
sich ein Gespräch entwickeln, daraus soll<br />
menschliche Begegnung erwachsen. Im<br />
Mittelpunkt steht der Mensch in seiner<br />
augenblicklichen Verfasstheit. Alles Weitere<br />
– auch Religion – kommt hinzu, wenn<br />
das sinnvoll erscheint oder ausdrücklich<br />
gewünscht wird.<br />
Zu unserem „Kundenkreis“ gehören natürlich<br />
auch die Angehörigen und es gelten für<br />
sie dieselben Kriterien wie oben. Auch sie<br />
stehen vor vielen Fragen, erleben die Ohnmacht<br />
am Bett in besonderer Weise, und<br />
plagen sich manchmal mit innerer Unruhe<br />
oder tief sitzenden Schuldgefühlen. Auch<br />
sie dürfen sich aussprechen, zu sich finden<br />
und darin Unterstützung und Bestärkung<br />
erfahren.<br />
Natürlich wird auch gebetet! Wo möglich,<br />
sollen die Kräfte des Glaubens aktiviert<br />
werden und Halt geben. Am Sonntag<br />
gibt es – unterstützt von der örtlichen<br />
Pfarrerschaft beider Konfessionen – einen<br />
im Blick auf die Bedürfnisse der Patienten<br />
gestalteten Gottesdienst, der im Bettenhotel<br />
am Radio auf Kanal 31 mitgehört<br />
werden kann. Die Stationen werden<br />
samstags darauf und auf die Fernsehgottesdienste<br />
hingewiesen. Für viele Ältere<br />
ist es wichtig, dass sie den Sonntag auch<br />
als solchen erfahren, sie etwas von seiner<br />
Feierlichkeit verspüren und dadurch die<br />
Woche ihre Struktur und Anschaulichkeit<br />
behält. Die Katholiken können die Sonntagskommunion<br />
anfordern, die zumeist von<br />
ehrenamtlichen Helfern aus den umliegenden<br />
Kirchengemeinden ausgeteilt wird.<br />
Regelmäßig gesellen sich dabei auch evangelische<br />
Mitchristen zum Gebet und Empfang<br />
im Zimmer hinzu. Das protestantische<br />
Abendmahl selbst wird auf den Zimmern<br />
vor den großen Festtagen gefeiert.<br />
…, Gottesdienst und Trauerfeiern<br />
ergeben ein abgerundetes Ganzes.<br />
Zu unserem Dienst gehört auch die<br />
Aufgabe, zweimal im Jahr die tot zur Welt<br />
gebrachten Kinder zu beerdigen. In Zusammenarbeit<br />
mit der Pathologie, der Pflegedirektion<br />
und einem örtlichen Bestatter<br />
werden die Eltern zu einer Abschiedsfeier<br />
eingeladen, die das tragische Ende der<br />
Schwangerschaft bejahen, den Abschied<br />
erleichtern und neue Zuversicht schenken<br />
soll. Im letzten Jahr waren es über fünfzehn<br />
Paare, die sich ihrer Enttäuschung<br />
gestellt haben.<br />
Unser medizinisches System ist im Wandel.<br />
Der vielfach beklagte Verlust des Menschlichen<br />
muss nicht sein, wenn alle im Hause<br />
Beschäftigten die Person des Patienten<br />
nicht aus dem Blick verlieren. Dies ist<br />
zugleich persönliche Herausforderung und<br />
christliche Zumutung. Beides gelingt nach<br />
unseren Erfahrungen weit öfter als „man“<br />
denkt. „Einer trage des Anderen Last“ –<br />
vom Chefarzt bis zu den Reinigungskräften.<br />
Pfarrerin Ursula Schütz<br />
Pastoralreferent Heinrich Erath<br />
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