Olof Alexandersson Lebendes Wasser
Olof Alexandersson Lebendes Wasser
Olof Alexandersson Lebendes Wasser
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gute Beobachtungsgabe. Wir müssen die Natur kapieren, um sie in<br />
ihren Bewegungsvorgängen zu kopieren. Als Wildmeister in einem<br />
abwegigen Waldgebiet, das kaum von Menschen betreten worden<br />
ist, konnte ich diese Beobachtungen machen, und sie führten mich<br />
zur Implosion.<br />
In der Hetzau unterhalb des Rings befinden sich die Ödseen. Nach<br />
langem Heißwetter beginnen sie zu buhlen, wie der Volksmund das<br />
donnerartige Geräusch nennt, das aus dem Ödseegrund kommt,<br />
wenn haushohe <strong>Wasser</strong>tromben aus der Seemitte aufsteigen. Ich<br />
will das Erlebnis schildern, wie ich es sah.<br />
An einem heißen Sommertag saß ich am Seeufer und überlegte, ob<br />
ich mich durch ein frisches Bad abkühlen soll. Schon wollte ich es<br />
tun. Da bemerkte ich, daß sich das Seewasser in eigenartigen Spi-<br />
ralkurven zu drehen begann. Bäume, die Lawinen vollbeastet in<br />
den See getragen haben, lösten ihre versandeten Äste und began-<br />
nen einen spiralartigen Reigen zu beschreiben, der sie immer näher<br />
und schneller zur Seemitte trug. Dort stellten sie sich plötzlich senk-<br />
recht und wurden mit einer solchen Saugkraft in die Tiefe gerissen,<br />
wobei ihnen die Rinde abgeschält wurde. Ähnlich wie es Menschen<br />
ergeht, die von einem Zyklon in die Höhe getragen werden und<br />
dann splitternackt zurückfallen. Kein Baum kam jemals aus dem<br />
Ödsee wieder zum Vorschein.<br />
Kurze Zeit später wurde der See wieder ruhiger, als wäre er durch<br />
die in die Tiefe gerissenen Opfer befriedigt. Es war aber nur die<br />
Ruhe vor dem eigentlichen Sturm. Plötzlich begann der Seegrund<br />
zu rumoren. Auf einmal schoß eine mindestens haushohe <strong>Wasser</strong>-<br />
trombe aus der Seemitte empor. Ein donnerartiges Geräusch be-<br />
gleitete den sich drehenden, kelchartigen <strong>Wasser</strong>hochfall. Dann<br />
fiel die <strong>Wasser</strong>trombe in sich zusammen. Wellen schlugen ans<br />
Ufer, das ich schleunigst verlassen mußte, weil der See plötzlich un-<br />
heimlich stieg.<br />
Ich erlebte das "urwüchsige" <strong>Wasser</strong>wachstum, die <strong>Wasser</strong>er-<br />
neuerung in den Seen ohne Zufluß. 11<br />
Das hier ist die anscheinend verwegene Schlußfolgerung, die Schau-<br />
berger aus den Geschehnissen im See zieht. Laut seiner <strong>Wasser</strong>theorie<br />
aber ist das <strong>Wasser</strong> eine lebendige Substanz, die geboren und weiter-<br />
entwickelt wird: es normalerweise in höhere Energieformen überge-<br />
hen, bei falscher Behandlung aber auch sterben kann. Auch ein be-<br />
grenztes <strong>Wasser</strong>volumen kann wachsen, nicht in der gewöhnlichen Be-<br />
11 In "Welt und Wissen", Nr. 1, 1966, berichtet G. Westbury unter anderem über schottische<br />
Seen, die sich ungefähr auf die gleiche Weise verhalten wie die Ödseen.<br />
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