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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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er den un-menschlichen <strong>Blick</strong> hat. Hier wird Medientheorie vomMedium selbst geleistet:Virilio konstatiert, daß nicht nur <strong>das</strong> Sehen, sondern auch bereits <strong>das</strong> Erkennen automatisiert wurde. "Jetztblicken die Dinge mich an", zitiert er den Maler Paul Klee. "Visionik" nennt Virlio ein solche "Automatisierungder Wahrnehmung", bei der der Computer nicht mehr für den Menschen, sondern für die Maschine die Fähigkeitübernommen hat, <strong>das</strong> Gesehene zu analysieren und zu verarbeiten 28- der medienarchäologische <strong>Blick</strong> (des Mediums), einetechnologische Armierung des <strong>Blick</strong>s jenseits von MarshallMcLuhans anthropozentristischer Prothesen-Medientheorie. Zwarliefert auch digitale Endoskopie, mit Chip versehen, keinegrundsätzlich anderen Bilder als die analogen Sichtverfahren -nämlich plastische Einblicke, eine photorealistischeOrientierung im Raum des Körpers. Die digitale Differenz liegtin ihren Optionen. Denn einmal errechnet, sind Bildergrundsätzlich rechenbar. Damit öffnet sich die „kybernetischeTür“ (Lacan) der Rückkoppelbarkeit, denn andere Formen derDatenpräsentation werden denkbar, jenseits der ikonischmimetischen:diagrammatische, geometrische, oder garZahlenketten selbst, aus deren Kombinatorik Differenzen (alsoKörper, Volumen) gesehen werden können. Zudem eröffent diedigitale Endoskopie die Möglichkeit des Bildabgleichs, einaugmentiertes Sehen. Automatischer Abgleich des aktualenDatenbild mit einer permutativen Datenbank etwa signalisierteine vom ärztlichen <strong>Blick</strong> übersehene Form. Die letzte,kritische Bildentscheidung liegt allerdings beim ärztlichen<strong>Blick</strong>. Sogenannte „intelligente“ Waffen mit eingebautemKamera-Bildabgleich aber erfordern eine Bildkritik im eigenenMedium. Harun Farockis zeigt es in seinem Essayfilm Auge /Maschine. Auf dem Seeberg in Klein-Machnow bei Berlin wurde inder Reichspostversuchsanstalt 1942 die "Tonne" getestet: einMonitor, von dem aus in einem Begleitflugzeug die Fernseh-Bombe eines ballistischen Flugkörpers gesteuert werden konnte.„Mit dieser Ausrüstung versehen umfaßt der <strong>Blick</strong> mehr,als <strong>das</strong> Wort `<strong>Blick</strong>´ vermuten läßt. Es vereinigt verschiedene<strong>Sinn</strong>esfelder zu einer einzigen Struktur“ .Die Ästhetik des ärztlichen <strong>Blick</strong>s stellt sich vor demHintergrund der Frage, ob die kulturtechnische Privilegierungdes <strong>Blick</strong>s im Rahmen einer Ästhesiologie der <strong>Sinn</strong>e, alsoanthropologisch zu fassen ist (Helmuth Plessner), odervielmehr eine Funktion der Emergenz optischer Medien ist.Womit auch der Unterschied zwischen Medien- und Nicht-Medienzeitalter deutlich wird: Wenn in der Antike dieSymptomatologie des Arztes, sein Schlußfolgern (eklogistesteinauf der Grundlage von empeiria) neben den anderen <strong>Sinn</strong>en (alsoetwa <strong>das</strong> Ertasten des Pulses der Patienten) den Sehsinnprivilegiert, so verdankt sich dies keinem optischen Gerät,28Wolfgang Kramer, Technokratie als Entmaterialisierung der Welt. Zur Aktualität der Philosophien von GüntherAnders und Jean Baudrillard, Münster u. a. (Waxmann) 1998, 80

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