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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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gegenüber solchen Evidenzen. 145 Die bis weit ins Mittelalterhineinwirkende Sehstrahl-Theorie des <strong>Blick</strong>s (hier ganztautologisch: theoría und <strong>Blick</strong>) repräsentiert denanthropologischen, körper-zentrierten <strong>Blick</strong> auf den <strong>Blick</strong>:seine geradezu taktile Qualität, seine Materialität, die sichin Reflexionen über <strong>das</strong> Zeitintervall der vom <strong>Blick</strong> (etwa aufSterne) zurückzulegenden Strecke manifestiert. 146 Das Modell der„non-verbalen Kommunikation“ rechnet diesen <strong>Blick</strong> unter diemotorischen Kanäle (<strong>Blick</strong>kontakte) - ein genuin medialerBegriff des Seh-Akts. Und so obsolet ist dieser Ansatz nicht:in Technologien des eye-tracking kehrt er heute zurück, in derdurch Philipp von Hilgers und Axel Roch entwickelten MindReading Machine. 147Euklid und Galen formulieren eine Sendetheorie des Sehens,„nach welcher Strahlen vom Auge ausgehen, die <strong>das</strong> zwischenAuge und sichtbarem Gegenstand liegende Medium umwandeln, undnach welcher dieses Medium dann die Seheindrücke zum Augebringt“ .Dem gegenüber steht die Empfangstheorie von zusammenhängendenBildern oder Formen. Doch erst der um 965 in Basra geborenearabische Naturforscher Abu ´Ali al-Hasan ibn al-Hasan ibn al-Haitan, genannt in Europa Alhazen, nutzt „die punktweiseAuflösung eines sichtbaren Gegenstandes als Grundlage für eineEmpfindungstheorie“ 148 - eine Rasterung, welche eineeineindeutige Beziehung zwischen Auge und Objekt herstellt. 149Dies führt unmittelbar zu Keplers Theorie des Netzhautbildes.Von Kepler wird <strong>das</strong> Auge "als ein passives, totes `Instrument´zur mechanischen Erzeugung von Bildern verobjektiviert", somit"<strong>das</strong> Sehen entanthropomorphisiert und von den übrigen<strong>Sinn</strong>esorganen" abgesondert 150 .„Das Sehen folgt einem Modus, den man allgemein mitBildfunktion bezeichnen könnte. diese Funktion ist definierbardurch zwei Einheiten im Raum, die sich Punkt für Punktentsprechen“ - Albrecht Dürers Gitter in derAnweysung. „Dabei ist es gleichgültig, über welche optischenVermittlungen die Beziehung läuft, und es ist gleichgültig, obein Bild virtuell oder real ist, wesentlich ist die Punkt-für-Punkt-Entsprechung“ - eine Diskretisierung also, die145Gérard Simon, <strong>Der</strong> <strong>Blick</strong>, <strong>das</strong> Sehen und die Erscheinung in der antiken Optik [*Le regard, Paris 1988], aus d.Frz. v. Heinz Jatho, München (Fink) 1992, 240ff146Dazu Christof L. Diedrichs, Slow motion. Bewegung im mittelalterllichen Kirchenraum“, Vortrag auf demKolloquium Kunst der Bewegung, Berlin, 14.-16. November 2002147xxx148David C. Lindberg, Auge und Licht im Mittelalter. Die Entwicklung der Optik von Alkindi bis Kepler,Frankfurt/M. 1987, 117149Siehe die Ausgabe Friedrich Risners von Alhazens De aspectibus, Basel 1572150Ulrike Hick, Die Optische Apparatur als Wirklichkeitsgarant. Beitrag zur Geschichte der medialenWahrnehmung, in: montage/av. Zeitschrift für Theorie und Geschichte audiovisueller Kommunikation, 3/1/1994,88

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