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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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Medienarchäologie den Test von Medientheorien am Material, und<strong>das</strong> heißt: an den Materialitäten der Kultur, ihre Technikenund Hardware.Medientheorein ihrerseits meint einen dezidiertarchäologischen <strong>Blick</strong>. Was ist <strong>das</strong> Archäologische daran? Zumeinen der Moment des Reflexivwerdens der Medien selbst, alsohistorisch-kulturelle Ereignisse analog zu Giambattista VicosDefinition von selbsterzeugter Menschheitsgeschichte insymbolischen Systemen. Ferner meint Archäologisierung dieSuspendierung des Diskursiven für einen Moment, also derVersuch, den nüchternen <strong>Blick</strong> auf mediale Konstellationennicht vorschnell an kontextuale Einbettung zu koppeln. EinInnehalten also, um nicht etwa kulturwissenschaftlichFunktionen und Effekte des Archivs mit denen eines kollektivnebelhaften Gedächtnisbegriffs zu verwechseln. Es geht also umden passionslosen Einblick in sowohl apparative wiekulturtechnische Abläufe, die illusionslose Einsicht desMenschen in seiner medialen Verstricktheit, doch ebenso - ganzim <strong>Sinn</strong>e jener Disziplin Archäologie, die auch im hiesigenFakultätsinstitut vertreten ist - die materialnaheEinsichtnahme. Oder - um einen Begriff Ernst Jüngersaufzugreifen - es geht um ein „zweites Bewußtsein“ von Kultur- nämlich Medienkultur.Sehr konkret war dies für die Photographie definiert worden,als der französische Astronom Jules Janssen 1882 diephotographische Platte als die „eigentliche Netzhaut desGelehrten“ bezeichnete - eine naturwissenschaftliche Ästhetik.Hier tritt - im aktiven <strong>Sinn</strong>e - Medienarchäologie an dieStelle der Phänomenologie; aisthesis an die Stelle derÄsthetik. 4Walter Benjamin schreibt in seiner Kleinen Geschichte derPhotographie 1931: „Es ist ja eine andere Natur, welche zurKamera als welche zum Auge spricht; anders vor allem so, <strong>das</strong>san die Stelle eines vom Menschen mit Bewußtsein durchwirktenRaums ein unbewußt durchwirkter tritt.“ Sigmund Freudseinerseits glaubt, daß im psychischen Apparat dem Bewußtseinjene „Negative“ verbogen bleiben, welche nicht zum„Positivprozess zugelassen“ werden. Hier prägt ein Leitmediumdie Metaphorik des Bewußtseins, wie auch für den historischenDiskurs (ein Wissen der Vergangenheit, quasi archäologischverborgen, <strong>das</strong> erst vom Historiker entwickelt wird). ImUnterschied von “latent" und "manifest“ liegt auch dietechnische Differenz der photographischen Verfahren Daguerres(Daguerreotypie) und Talbots (Negativentwicklung).4Dazu Martin Stingelin (Rez.), Unvermutete Welten, über: Bernd Stiegler, Philologie des Auges. Diephotographische Entdeckung der Welt im 19. Jahrhundert, München (Fink) 2001, in: Basler Magazin Nr. 37 v. 14.september 2002, 10

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