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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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kömmt.“ 109 <strong>Der</strong> Buchdruck, also die Erlösung des Autors von derHandschrift, "läuft auf Entpersönlichung hinaus und damit aufPreisgabe der alten `Rauschtechniken´“ 110 . McLuhan interpretiertdies als wissenschaftsdiskursgenerierende Ausrichtung derWahrnehmung auf einen Kanal:The use of the printing press leads to the development of a prose technique to match the form of the printedword. It was the technique of equitone. It consisted in maintaining a single level of tone and attitude to the readerthroughout the entire composition this discovery brought written discourse into line with the printedword and away from the variety of pitch and tone of the spoken, and of even the handwritten word. 111Genau <strong>das</strong> führt zum wissenschaftlich "objektiven",distanzierten <strong>Blick</strong> auf Objekte - ein Effekt des distanten<strong>Blick</strong>s auf Texte. Waren handgeschriebene Texte im Mittelalternoch transparent hinsichtlich ihres <strong>Sinn</strong>s, wird imtypographischen Zeitalter (geschriebene) Sprache vonimaginären Kommunikationspartner, vom ko-agierenden Subjektzum Objekt. Unter Bezug auf den Jesuitenpater Walter Ongschreibt McLuhan: "The use of printing moved the word from itsoriginal association with sound and treated it more as a`thing´ in space." 112 So wird der Text vom transitiven Mediumzur intransitiven Form.<strong>Der</strong> Buchdruck brachte Intensität und gleichmäßige Präzision dort, wo früher die Konturen unscharf waren. <strong>Der</strong>Druck führt zur Vorliebe für genaues Messen und für Wiederholbarkeit; Eigenschaften, die wir heute noch mitder Naturwissenschaft und Mathematik verbinden. Ein Teil der mittelalterlichen Urkunden und Handschriftenwanderte nach ihrer typographischen Übersetzung zum Recyclingin Werkstätten; mit der Konzentration auf den <strong>Sinn</strong> desÜberlieferten und der Medialisierung der Schrift zum homogenenKanal wurde deren Materialität scheinbar irrelevant (WolfgangStruck). Dem widerspricht die new philology.<strong>Der</strong> dynamisierte <strong>Blick</strong>: Buchdruck und LesegeschwindigkeitWo <strong>das</strong> mediale Dispositiv technischer Standardisierung fehlt,besteht auch kein diskursiver Bedarf nach einem übergreifendenKode oder an einer in allen Teilsystemen geltendenGeneralsemantik . Hier liegt diemedienkulturelle Differenz zwischen Mittelalter und Neuzeit.Weder die lateinische Sprache noch der christlich-theologischeHorizont vermochten Vielheiten zu standardisieren, solange sienicht auch in Hardware implementiert waren. Dies geschieht109Johann Georg Philipp Thiele (1781), An die Jünglinge von der Bildung durch Lektüre, 62, zitiert nach: Göttert2002: 102110Karl-Heinz Göttert, Wider den toten Buchstaben. Zur Problemgeschichte eines Topos, in: Kittler / Macho /Weigel (Hg.) 2002, 102, unter Bezug auf Friedrich Kittler111Marshall McLuhan, Understanding Media, New York 1964, 184. Dazu David R. Olson, McLuhan on literacy:"Bringing language in line with print", in: <strong>Der</strong>rick de Kerckhove / Amilcare A. Iannucci (Hg.), McLuhan e laMetamorfosi dell´uomo, Rom (Bulzoni) 1984, 51-59112Marshall McLuhan, The Gutenberg Galaxy, Toronto 1962, 104

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