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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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„detailreich“. Heiße Medien verlangen daher nur in geringem Maße persönliche Beteiligung. Für Marshall McLuhan sind "heiße" Medien mit hoher Auflösung"niedrig in der Beteiligung und kalte Medien hoch in derBeteiligung oder Ausfüllung durch die Zuhörer". 59 Ist McLuhansUnterscheidung zwischen heißen Medien (darunter <strong>das</strong>phonetische Alphabet, Papier, Buch, Bedeutung, visuell,intensiv gefüllte Städte: 29, sukzessiv, linear (25), Radio(22), Foto (22), Film (22) und kalten Medien (Sprechen (23),Mythos (25), Dialog, Stein (23f), Mosaik (333f), Hieroglyphen,zufällig angelegte Städte (29), taktil-auditiv, Elektrizität,simultan, Telefon (22), Cartoon (22), Fernsehen (29) brauchbarfür eine Analyse mittelalterlicher Multimedialität? 60 <strong>Der</strong>Buchdruck erfaßt als heißes Medium den Leser weniger als esbei der Handschrift der Fall war . "Die Aufheizung eineseinzigen <strong>Sinn</strong>es führt tendenziell zur Hypnose und dieAbkühlung aller <strong>Sinn</strong>e tendiert zur Halluzination" . Durch die phonetische Schrift, durchgesetzt durchderen repetitive Wiederholung im Buchdruck, wird derGesichtssinn zum dominierenden <strong>Sinn</strong> "aufgeheizt" .Die phonetische Schrift visualisiert <strong>das</strong> Sprechen ,gesteigert im typographischen Druck zum linearen, endlosen,homogenen Raum . <strong>Der</strong> lesende <strong>Blick</strong> wird abgekühlt:Einmal akkulturiert, „spricht“ <strong>das</strong> Alphabet nicht mehr denLeser an. „Die Zeichen der Dinge haben solche Kraft, daß sieuns die Rede der Abwesenden ohne Stimme zu Gehör bringen“,schreibt Isidor von Sevilla in seiner Etymologia unter demStichwort „Buchstabe“. 61 Womit wir beim stummen Lesen sind.Hatte die scriptura continua der Spätantike (gleich denDatenstrings in flat files auf digitalen Speichern) lautesLesen erfordert, um die Unterteilung der bedeutungstragendenElemente durch (buchstäblich) Artikulation zu vergegenwärtigen(Diskretisierung), und war damit nicht nur auf <strong>das</strong> Auge,sondern auch <strong>das</strong> Ohr verwiesen, so fördert die Interpunktionseit den mittelalterlichen Scholastikern (Notwendigkeiten derLogik und des aristotelischen Syllogismus) <strong>das</strong> Verstummen derLektüre. Im Unterschied zur Tora-als-Tradition: „Denn dieInterpretation, an welcher Stelle die Zäsuren im Kontinuum derSprache zu setzen sind, ging vom Leser und Kopisten an denAutor über“ 62 - analog zur Differenz von Konsonanten- undVokalalphabet in der Antike.59Marshall McLuhan, Understanding Media. The Extension of Man, Cambridge / London [*1964] 1994, 22f; dt.:Die magischen Kanäle. Understanding Media, Düsseldorf / Wien (Econ) 196860Dazu Walter Seitter, Die Macht der Dinge (McLuhan), in: ders., Physik des Daseins, Wien (Sonderzahl) 1997,143-159 (bes. 152f)61Zitiert nach: Ernst Robert Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Bern 1973, 32662Jürgen Kaube, Zwischen den Worten. Die Entstehung des modernen Lesers: Oralität und Schriftbild, in:Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16. Dezember 1998, unter Bezug auf: Paul Saenger, Space Between Words.The Origins of Silent Reading, Stanford UP 1998

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