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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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Auf der Suche nach der Essenz des Lebendigen kam Mikro-Kinematographie zum frühen Einsatz, in unmittelbarer Folge derEntdeckung der Braunschen Molekularbewegung.Ist die Filmkamera, als diskreter, quasi von einem Uhrwerkgetaktetem Apparat, die mechanische Antithese des Lebens?Henri Bergson bleibt in dieser Frage ambivalent: Er schautgeradezu auf den Filmstreifen, nicht aber <strong>das</strong> Kino-Ereignis(<strong>das</strong> "Dispositiv" im <strong>Sinn</strong>e der Apparatus-Theorie), <strong>das</strong> denkognitiven Effekt in der Wahrnehmung erst zustandekommen läßt- die ganze medienarchäologische Differenz von Film und Kino.„Das Kino hat keine harte Materialität, es ist vielmehr einRaum der lebendigen Bewegung und unterhält sein Archiv in denKöpfen der Zuschauer“ .Chronophotographie rekonfiguriert <strong>das</strong> Verhältnis von <strong>Blick</strong> undZeit; Philipp Glass´ Oper The Photographer Muybridges AnimalLocomotion akustisch umgesetzt (wenngleich eher bioanekdotisch),denn der gemeinsame Nenner zwischen minimalmusic und Chronophotographie liegt in der Zeitreihenanalyse.Zeitkritisch im <strong>Sinn</strong>e einer Medientechnik wurde kulturellePraxis erst als getaktete - erst im Druck (die Zeitung, <strong>das</strong>Periodikum), dann als chronophotographische Bildfolge.Was wir in den chronophotographischen Serien einesPferdegallopps oder menschlicher Leibesertüchtigung sehen, ist“Geh-Mechanik“, wie sie von den Gebrüdern Weber aus dem Reichder Kunst in Technik geholt wurde, doch auf einem epistemischalternativen Weg. In der Kunst wurde die Behandlung der Zeit(Bewegung) lange vernachlässigt zugunsten der Behandlung desRaums (Augenblick). 206 Das antike Zeno-Paradox sagt präkinematographisch,daß ein Pfeil im Moment der Beobachtungimmer an einem genau bestimmten Ort im Raum steht, insofernalso eigentlich gar nicht fliegt. Die Antwort darauf lauteterst bei Leibniz: Infinitesimalrechnung (Differentiale undIntegrale). Für die Gebrüder Weber ergibt sich diezeichnerische Darstellung von Bewegungsabläufen weder ausverbaler Beschreibung noch aus photographischer Messung,sondern aus mathematischen Parametern.Die mediale Dynamisierung des <strong>Blick</strong>s durch diebewegungsmessende Kamera (Muybridge, Marey, früher Film)Ein kultureller oder ästhetischer Effekt von (Massen-)Medienliegt darin, daß sie geradezu notwendig dazu tendieren, ihreeigene Medialität zu dissimulieren. Folge davon ist einegewisse Hardware-Vergessenheit selbst in derKulturwissenschaft. Läßt sich Medienwissenschaft auch ohnetechnische Medien (be-)treiben, d. h. in den herkömmlichen206Ernst Gombrich, <strong>Der</strong> fruchtbare Moment. Vom Zeitelement in der bildenden Kunst, in: ders., Bild und Auge.Neue Studien zur Psychologie der bildenden Darstellung, Stuttgart (Klett­Cotta) 1984, 40­61

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