sich seine Erkenntnismetapher von den multiplen Perspektivenauf die eine Stadt. <strong>Der</strong> von ihm adaptierte Begriff destheatrum naturae impliziert erneut <strong>das</strong> theorein als diemediale Operation dieser Einsicht, meint allerdings zunächsteinmal sehr konkret <strong>das</strong> Sichtbare:Zum theatro naturae gehören ganze Grotten, darin allerhand Sorten der Mineralien und Muschelwerke zu sehen,Garten, darin ungemeine Sorten von Bäumen, Stauden, Wurzeln, Kräuter, Blumen und Früchte zu finden undendliche Thiergarten und vivaria, darin lebende vierfüssige Thiere, Vögel und Fische zu sehen, samt einemtheatro Anatomico, darin der Thiere Sceleta zu zeigen. 30In der Vorrede seines Foliobandes Theatrum Naturae von 1615begründet der Nürnberger Arzt und Humanist Michael Rötenbeckden Titel seines Werks ebenfalls als Theorie-Theater:weil darin, wie in einem offenen Schauplatz, mancherlei Kreaturen Gottes jederman gleichsam lebendig vorAugen gestellt werden, und die Betrachter und Liebhaber der Kunst sollten durch dieses Theatro Naturaeangereizt werden, Gott aus seinen Wunderwercken zu erkennen und ihn auch weiterhin umso mehr zu loben undzu preisen. Physiologische aisthesis und Ästhetik des ScannersHatte Chladenius in der Aufklärungshistoriographie noch <strong>das</strong>Theorem vom standortgebundenen „Sehepunkt“ entwickelt,differenziert Wundts Physiologie in Leipzig zwischen einemoptischen <strong>Blick</strong>feld der Wahrnehmung und einem fokussierten<strong>Blick</strong>punkt - die Perspektive Albertis in Bewegung. So wird der<strong>Blick</strong> zeitkritisch, und dem Raum-Paradigma enthoben,apperzeptiv:Students in Wundt´s laboratory worked for several decades quantifying the differences in the time it took asubject to perceive the entrance of a stimulus into the general vague field of awareness and the time it took forthe same stimulus to become an object of active attention. Charles Féré, Assistent Charcots in der NervenklinikSalpêtrière, nutzte zur graphischen Messung vonNervenreaktionen zwischen Aufmerksamkeit und Muskelkontraktion(Reaktionsgeschwindigkeit) den sogenannten Dynamographen, derbis ins 18. Jh. zurückreicht - picturing time (Marta Braun),also eine mediale Sichtbarmachung (buchstäblichTheoretisierung) energetischer Prozesse. 31 An die Stelle derHegelschen „Arbeit des Begriffs“ 32 treten auch bei FriedrichNietzsche lieber „dynamische Quanta in einemSpannungsverhältnis zu allen anderen dynamischen Quanten“
13: 259>. Damit findet eine Mathematisierung der Schrift statt- der kalte <strong>Blick</strong>: „Mathematik als <strong>das</strong> `Messen´ jedwederTextproduktionen `vermöge des Dynamometers´“ . Das Dynamometerverweist auf den medienepistemischen <strong>Blick</strong> in der EpocheNietzsches. „Epistemische Dinge“ (frei nach Hans-JörgRheinberger) sind variable Problembündel, die durch einenbestimmten Forschungsgegenstand erzeugt werden, also erst imLabor zur Sichtbarkeit kommen. 33Nietzsche schaut mit kaltem medienarchäologischem <strong>Blick</strong> aufÄsthetik, wenn er sich eines Meßmediums bedient, desDynamometers. Denn hier gilt es, nicht Buchstaben literarisch,d. h. als Schrift kontinuierlich lesen, sondern Zahlenwertediskontinuierlich abzulesen. Mit einem Dynamometer lassen sichästhetische Empfindungen objektivieren: Wo die Kraft nachläßt,wirkt Häßliches, wo sie ansteigt, wirkt Schönes. Von daherNietzsches Annahme, daß „eine wissenschaftliche Ordnung derWerthe einfach auf eine Zahl-und Maßscala der Kraft aufzubauenwäre" . Nietzsches Wertschätzungbezieht sich auf Quantitäten, nicht auf Qualitäten: „Alles,wofür nur <strong>das</strong> Wort ›Erkenntniß‹ <strong>Sinn</strong> hat, bezieht sich auf <strong>das</strong>Reich, wo gezählt, gewogen, gemessen werden kann, auf dieQuantität“ . 341808 aber definiert Friedrich Ast „<strong>das</strong> wahre Ziel desPhilologen“. Hier prallt die systemtheoretische Medium/Form-Differenz (Niklas Luhmann mit Fritz Heider) und dermedienarchäologische Materialismus von Kulturtechnik-Analysenauf die klassische Hermeneutik (und Schriftkritik Platos unddes Johannes-Evangeliums):Er soll nicht bloßer Sprachmeister oder Antiquar seyn; sondern auch Philosoph und Aesthetiker; er soll ja denihm gegebenen Buchstaben nicht bloß in seine Bestandtheile zerlegen können, sondern auch den Geisterforschen, welcher den Buchstaben bildete, um die höhere Bedeutung der Buchstaben zu ergründen; und dieForm zu würdigen wissen, in welcher der Buchstabe zur Offenbarung sich dargestellt hat. Ohne dieses höherewissenschaftliche Leben ist die Philologie entweder bloßer Formalismus oder bloßer Materialismus; jenes, alseinseitiges Sprachstudium betrachtet, dieses, als bloße antiquarische Gelehrsamkeit. / Die Form, vom Inhalt oderStoffe getrennt, ist ein leeres, gehalt und bedeutungsloses Wesen, der Stoff aber ohne Form ein regelloses,chaotisches Unding. 35Auf diese hermeneutische Ästhetik des Lesens antwortet derstreng analytische <strong>Blick</strong>: scanning. Aisthetische Nervenimpulsesind für Hermann Helmholtz „Zeichen“ ihrer Verursachung; siegeben Information über ihre externe Stimulation, aber ebennicht als Bild. „For one requires from an image some sort ofsimilarity with the object imaged . A sign, however, need33Hans-Jörg Rheinberger, Experiment - Differenz - Schrift. Zur Geschichte epistemischer Dinge, Marburg 1992,69-7234Christof Windgätter, „...mit mathematischer Schärfe“. Zu Funktion und Geschichte des Dynamometers,Typoskript, pdfVersion, 2035Friedrich Ast, Grundlinien der Grammatik, Hermeneutik, Kritik, Landshut 1808, iv f.
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