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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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Alte Holzschnitte wie moderne Comic-Strips liefern "wenigTatsachenmaterial über irgendeinen bestimmten Augenblick inder Zeit oder Gesichtspunkt im Raum von Gegenständen", bedarfalso der aktiven Mitwirkung des Betrachters / Lesers - gleichdem Fernsehbild "mit seinem sehr geringen Ausmaß vonEinzelheiten über Gegenstände und dem sich daraus ergebendenhohen Grad von aktiver Mitwirkung von seiten des Zuschauers,um alles zu ergänzen, was im mosaikartigen Maschennetz vonhellen und dunklen Punkten nur angedeutet ist." 63 Weshalb <strong>das</strong>Fernsehbild mit seiner geringen Bildpunktauflösung bislangauch weiter die Nahaufnahme gegenüber der Totale (wie imSpielfilm) gestattet .Visionen, IkonenDas religiöse Bild oszilliert zwischen Glauben und Sehen.Tatsächlich ist die religiöse Schau so etwas wie <strong>das</strong> Gegenteildes kalten medialen <strong>Blick</strong>s: „Die Bedeutung einer Ikone istdarin zu sehen, daß auch der Gott, den sie darstellt, sieanblickt“ . Ikonen verkörpern <strong>das</strong> Eigentlichedes Bildes, die heilige Gegenwart. "Die Sichtbarkeit selbstweist nur auf eine sich hinter dieser Sichtbarkeit verbergendeAbwesenheit." 64 Hier herrscht eine enge Korrespondenz zwischenmythischer Schau und Sehen; darin liegt, frei nach DavidFreedberg, The Power of Images. Und H. Beck definiert in Vonder Fragwürdigkeit der Ikone (1975) die "Schau alsAusgangspunkt und Zielpunkt für jegliche Erhebung des Geistesund Quelle jeglichen religiösen Affekts, verwandt derBedeutungsentwicklung des lateinischen Wortes contemplatio underst recht der des griechischen theória" .Damit steht die religiöse Schau tatsächlich mit demtheatralischen <strong>Blick</strong> der attischen Polis im Bund, wo jederZuschauer potentiell auch Aktant war: in einer Gemeinschaft,wo jedes Mitglied der Polis mit hoher Wahrscheinlichkeit aucheinmal ein Staatsamt übernahm, im Laufe des Lebens. <strong>Der</strong> <strong>Blick</strong>des Zuschauers (theatés) auf die Bühne im Halbrund desTheaters war kein distanzierter, sondern ein transitiver,speziell als Aufhebung der Distanz zwischen dem <strong>Blick</strong> desGläubigen und seines Gottes Dionysos .Diese <strong>Blick</strong>richtung ändert sich dann mit dem architektonischenDispositiv der Guckkastenbühne seit der Renaissance:Ausrichtung des <strong>Blick</strong>s auf einen Tiefenraum, zugleich absoluteTrennung von verdunkeltem Zuschauer- und Bühnentiefenraum(Immersion). Dieses mediale Dispositiv eskaliert in Richard63Marshall McLuhan, Die magischen Kanäle. "Understanding Media", Düsseldorf / Wien (Econ) 1968, 174f64Boris Groys, "Die Erzeugung der Sichtbarkeit. Innovation im Museum: Nicht <strong>das</strong> Kunstwerk ändert sich,sondern sein Kontext", Frankfurter Allgemeine Zeitung 28. 1. 95

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