Perseus trotzt in der griechischen Mythologie einem der dreiGorgonengesichter, dem versteinernden <strong>Blick</strong> der Medusa, indemer ihr einen Spiegel (einen blitzender Bronzeschild)entgegenhält; <strong>das</strong> Interface als Visier - "from Anglo-Normanviser , from French vis (see visage)" 200 .Die Zunehmende Vollschließung des Helms führt nicht nur zur Unhörbarkeit der Kriegsschreie, sondern vorallem zu Unsichtbarkeit des Gesichts. Deswegen muß die PersonenErkennbarkeit an der Körperperipherieausgebreitet werden 201- die Entstehung des heraldischen Wappens.Doch was, wenn dieses Inter/face zurückschaut, weil „<strong>das</strong>Bewußtsein, der Illusion des sich sich sehen zu sehen folgend,in einer Umkehrung der Struktur des <strong>Blick</strong>s begründet ist“, wie ein Iris-Scan?Jacques-Louis David hat <strong>das</strong> sentiment der Kontemplation imleeren Bildraum um 1810 als Porträt des Orpheus am Grab derEurydike gemalt. 202 Ihr Bild, unter seinem <strong>Blick</strong>, zerfällt zunichts - Nichtung im <strong>Sinn</strong>e Jacques Lacans. „Was aber ist der<strong>Blick</strong>“, fragt derselbe . „Ich will ausgehenvon jenem Punkt einer ersten Nichtung“ , einerBruchstelle des <strong>Blick</strong>s als Privileg.„Allen voran waren es die Maler, die den <strong>Blick</strong> als solchenerfaßt haben in der Maske“ .<strong>Der</strong> kalte <strong>Blick</strong> der Perspektive tötet und ist tot zugleich:„Das Bild, wie jedes andere Bild auch, ist eine <strong>Blick</strong>falle.Welches Bild Sie auch nehmen, wenn Sie Punkt für Punkt dem<strong>Blick</strong> nachspüren, werden Sie sehen, wie dieser verschwindet“. Mit dem Totenschädel kommt ein ganz anderesAuge ins Spiel - die Leere. „Nie erblickst Du mich da, wo ichDich sehe“ oder, in besserer Übersetzung, von dort.„Daraus geht hervor, daß der <strong>Blick</strong> <strong>das</strong> Instrument darstellt,mit dessen Hilfe <strong>das</strong> Licht sich verkörpert, und aus diesemGrund auch werde ich wenn Sie mir erlauben, daß ich mich, wieso oft, eines Wortes bediene, indem ich es in seineKomponenten zerlege - photo-graphiert“ . WährendLacan also medialen und humanen <strong>Blick</strong> ursächlich verschränkt,suchen andere sie ontologisch zu trennen. <strong>Der</strong> KunsthistorikerJörn Jochen Berns etwa trennt „<strong>das</strong> Verlangen, imagnativ zuschauen und in solcher Schau seelisch bewegt zu werden“ 203 , von200Encarta® World English Dictionary [North American Edition] © & (P) 2001 Microsoft Corporation201Walter Seitter, Menschenfassungen. Studien zur Erkenntnispolitikwissenschaft, München (Boer) 1985, 13f202Dazu Andrzej Ryszkiewicz, At the Tomb of Eurydice, in: Bruckmanns Pantheon, 47. Jg., 1989203Jörg Jochen Berns, Film vor dem Film. Bewegende und bewegliche Bilder als Mittel derImaginationssteuerung in Mittelalter und früher Neuzeit, Marburg (Jonas) 2000, 10
der direkten Analogie zu Photographie und TV.Medienarchäologie betont die mediale Diskontinuität:Die verschiedenen Arten visuellen Bemühens des Schauens, Betrachtens, Sehens, <strong>Blick</strong>ens, Projizierens (alsVorAugenStellen) konvergieren in einer Geschichte des Versehens. Versehen soll dabei als <strong>das</strong>Verhaftetsein des <strong>Blick</strong>s an äußere Bilder gelten. Versehen wäre dann ein Sehen, <strong>das</strong> keine Übertragung aufinnere Bildbewegung und Reflexion mehr leistet. .Und tatsächlich meint gesict im Mittelhochdeutschen ein ganzes„Spektrum“ (Lüdemann passenderweise) des Sichtbaren: Esbedeutet sowohl „<strong>das</strong> Sehen, Anblicken, Gesehenes, Anblick“ wieauch „Erscheinung, Vision; Aussehen; Gestalt; Antlitz.“ DasWort Sehen selbst wiederum leitet sich vom lateinischen sequiab: „nachfolgen, verfolgen“, und meint sehr konkret „mit denAugen verfolgen“ - derkinästhetische <strong>Blick</strong>.<strong>Der</strong> zeitdiskrete <strong>Blick</strong> (Chronophotographie)Encyclopedia Cinematographica nennt sich ein Projekt desInstituts für wissenschaftlichen Film in Göttingen,Federführung Verhaltsforscher Konrad Lorenz, die gesamtebewegte Welt auf Zelluloid zu bannen. Bleiben ca. 4000 sog.Filmpräparaten von ca. zwei Minuten, der eine Matrixzugrundeliegt (die Matrix des Archivs selbst, für dieVariablen, die Leben genannt werden):Es war die Idee, anstelle von gestalteten Filmen sehr abgespeckte Themenstellungen auf Film zu bannen. Alsonicht den ganzen Lebenszyklus einer Spezies in einem Film zu behandeln, sondern je einen Bewegungsvorgangeiner Spezies. dann kommen sehr einfache Filmentitäten heraus, die in einer bestimmten Vollständigkeitenzyklopädischen Charakter hätten. Die ursprüngliche Idee war eine Matrix: Sämtliche Spezies, die es auf derWelt gibt, und dann sämtliche Bewegungsarten, zu denen sie fähig sind . Und dann wird diese Matrixentsprechend ausgefüllt . Natürlich nicht nur Tierarten, sondern auch Pflanzenarten oder der technischeBereich, man denke an die mechanische Beanspruchung von Stahl und so weiter. Wenn man all diese Dinge indie Matrix gebracht hätte, dann wäre <strong>das</strong> die Enzyclopädia Cinematografica. 204Als Objekt sind Medien Gegenstände kulturwissenschaftlicherForschung - etwa die Rolle des Alphabets für <strong>das</strong> kulturelleGedächtnis. Als Subjekt aber schauen die Medien uns an; wirnehmen also die Perspektive der Medien ein, wie sie auf unsereKultur blicken.<strong>Der</strong> medienarchäologische <strong>Blick</strong> bezeichnet im Allgemeineneinerseits die wissenschaftliche Analyse von non-diskursivenmedialen Prozessen und andererseits den "<strong>Blick</strong>" optischerMedien selbst (elektronische Kameras, Scanner). DennMedienarchäologie argumentiert nicht primär von den Theorienher, sondern vom Matererial, vom Medienarchiv.204C. Carlson, Dokumentar am Institut für den wissenschaftlichen Film, Göttingen, Interviewt von ChristophKeller, 1998, in: Keller 2000
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