12.07.2015 Aufrufe

Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Auch Medien schauen uns an. Wenn Medien selbst schauen,praktizieren sie den Medusa-<strong>Blick</strong>. Als Sehender stehe ichnicht vor, sondern immer schon im <strong>Blick</strong>feld, <strong>das</strong> mich erfaßthat, bevor ich selbst sehen kann. Hier liegt nicht nurpsychoanalytisch, sondern auch medientheoretisch der ganzeWitz von Dissimulation und Subjektkontrolle, wie sie JonathanCrary in Techniques of the Oberserver als Funkton optischerApparaturen rekonstruiert hat.Was geschieht, wenn aus einem Gemälde, etwa Strozzis HeiligeKatharina im Anton-Ulrich-Museum von Braunschweig, uns Augendirekt anschauen, bzw. wenn spezialisierte Neuronen in unseremHirn diese Gestalt sogleich als <strong>Blick</strong> erkennen? Ein kalter<strong>Blick</strong>:Dieser <strong>Blick</strong> hat nichts Bedrohliches für mich, weder mißt er mich, noch sucht er mich festzulegen, weil eszwischen meiner Sichtbarkeit und der des Dargestellten keine Kontinuität gibt. Mein <strong>Blick</strong> verliert seineAggressivität, da diese im Dargestellten keinen Widerpart findet. Er wird gleichsam auch mich selbstzurückgewendet 156- mithin reflektiert; Lacan schreibt von der Niederlegung des<strong>Blick</strong>s, wie man die Waffen niederlegt.Photographie, schmerzlos<strong>Der</strong> Effekt der Stereoskopie war schon vor der Photographieentdeckt, doch „mankind had to wait until the 1840´s beforebeing able to produce, by photography, a satisfactory pair ofpictures which could be fused stereoskopically in the brain ofthe observer.“ 157 Damit wird menschliche Wahrnehmung alskognitiver Akt von der bloßen Photographie unterscheidbar: DieRäumlichkeit des Sehens ist keine Leistung des Auges, sondernder Nerven und des Gehirns. 158 Brewsters Schrift TheStereoscope. von 1856 umfaßt alle drei dieser Bereiche.Die Photokamera - zeitkritischer als alle Malerei -registrierte (in erstmals technischer Konkurrenz zuKriegstagebüchern und Kriegsmalern) den Krim-Krieg nicht mehrnur historio-, sondern photo-graphisch: „The sun will thusbecome the historiographer of the future“ .Ernst Jünger hat die Techno-Ästhetik des photographischen<strong>Blick</strong>s explizit formuliert: „Das neue Gesicht, wie es heute in156Peter Bürger, Wenn wir die Augen niederlegen. Vor der heiligen Katharina: Was ist die Faszination derBilder?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 273 v. 23. November 2002, 38157Rudolf Kingslake, Introduction, in: David Brewster, The Stereoscope. Its History, Theory, and Construction.With its application to the Fine and Useful Arts and to Education, London (Murray) 1856, Reprint Hastings-on-Hudson, N. Y. / London (Morgan & Morgan) 1971158Dazu Hankins / Silverman (Hg.) 1995: Kap. 7 „The Giant Eyes of Science: The Stereoscope and PhotographicDepictionin the Nineteenth Century“, 148ff

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!