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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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Film / Kino-Auge<strong>Der</strong> medienarchäologische <strong>Blick</strong> ist passionslos. EinFilmkritiker, Richard Schickel, sagt es in einem Interview:„Ich habe eine ausführliche Biographie über D. W. Griffithgeschrieben und sein ganzes Werk wieder und wieder angesehen,aber es würde mir nichts ausmachen, keinen seiner Filme jemalswieder zu sehen.“ 181 Dem zur Seite steht <strong>das</strong> vom FilmsemioptikerRolf Kloepfer entwickelte digitale Filmanalyseprogramm Akira,<strong>das</strong> einen eingescannten Film in Form einer bildbegleitendenPartitur aus diversen tracks, in die Notizen vorgenommenwerden können, in eine Art Diagramm verwandelt - derchirurgische <strong>Blick</strong>. 182Demgegenüber steht der Effekt des Kinos, der diese Distanzgerade zu dissimulieren trachtet: „Es liegt im Wesen seinerTechnik, daß der Film die Distanz zwischen Zuschauer und einerin sich abgeschlossenen Welt der Kunst aufgehoben hat“; BélaBalász schreibt - analog zu Walter Benjamins Begriff der Aura(der selbst aus der antiken Medizin stammt) von der„Zerstörung der feierlichen Ferne jener kultischenRepräsentation, die <strong>das</strong> Theater umgeben hat. <strong>Der</strong> <strong>Blick</strong> desFilms ist der nahe <strong>Blick</strong> des Beteiligten. 183 Leni RiefestahlsÄsthetik der Kälte ist eine selbsterfahrene: Auf einigenPhotos steht ihr der Schock ins Gesicht geschrieben, als sieim Zweiten Weltkrieg in Polen als Kriegsberichtserstatterineinem Massaker an jüdischen Zivilisten beiwohnt 184 - close up.Dziga Vertov geht es in seinem Film <strong>Der</strong> Mann mit der Kameradarum, daß die optische Darbietung nicht über den Wortkanalverläuft. Genuine Medienarchäologie: die Wirkung des Filmsliegt in der Wechselwirkung von Ton und Bild, „auf derResultante vieler Kanäle“, „auf tiefgründigen bahnen, manchmalein Dutzend Worte an die Oberfläche spülend“ . Esgeht hier - wie auch für Sklovskij - um eine ausdrücklichtechnische „Bloßlegung“ .Das Manifest Kinoki-Umsturz von Anfang 1922 fordert „dieNutzung der Kamera als Kinoglaz, <strong>das</strong> vollkommener ist als <strong>das</strong>menschliche Auge, zur Erforschung des Chaos von visuellenErscheinungen, die den Raum füllen“ . Undkurz darauf: „Kopier nicht <strong>das</strong> menschliche Auge“ .Damit löst sich der mediale <strong>Blick</strong>e (der <strong>Blick</strong> des Mediums wie181Interview mit Geore Hickenlooper, in: Reel Conversations. Candid interviews with film´s foremost directorsand critics, Citadel Press 1991, zitiert hier nach: Christoph Hochhäusler, Filme und Fallobst. Anmerkungen zuPeter Wuss, in: Karl Friedrich Reimers / Gabriele Mehling (Hg.), Medienhochschulen und Wissenschaft.Strukturen - Profile - Positionen, Konstanz (UVK) 2001, 98-100 (99)182Peter Wuss, Filmgeschichte an Medienhochschulen, in: Reimers / Mehling (Hg.) 2001: 86-97 (96)183Béla Balázc, <strong>Der</strong> Film, xxx, 46, zitiert nach: Karin Hirdina, Pathos der Sachlichkeit. Funktionalismus undFortschritt ästhetischer Kultur, München (Damnitz) 1981, 120184Siehe Andreas Platthaus, Die Eisheilige und ihr Nürnberger Schneemann, in: Frankfurter Allgemeine ZeitungNr. 194 v. 22. August 2002, 38

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