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Kalter Sinn. Der medienarchäologische Blick, das ...

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Erste Bilder aus (geometrischen) Daten waren dieperspektivisch errechneten - Leon Battista Albertis korrekte(„legittima“) Bestimmung der Punkte. <strong>Der</strong>selbe Albertientwirft, in noch konsequenterer Abstraktion, ein Verfahrendigitaler Bildübertragung als verlustfreie Tradition gegenüberden Erfahruhungen mit analoger Kopistik. 131 Um visuelleInformation (konkret: eine Karte von Rom) verlustfrei zuspeichern und zu übertragen, verfiel er auf den Gedanken, dieanaloge Vorlage durch Abtastung in digitale, alphanumerischeKoordinatenpunkte aufzulösen, so daß sich <strong>das</strong> Bild bei jederaktuellen Nutzung neu generieren ließ. Die Provokation liegtdarin, daß hier eine möglichst kontext- oder "kulturfreie"Form der Übermittlung von Information angestrebt wurde 132 - dieBedingung aller Nachrichtentechnik. Die Analogie und Differenzzugleich zum elektronischen Bild ist dessen zeitkritischeForm. „Gemeinsam ist allen Versuchen der Bildübertragung, daßdie Vorlagen in Punkte und Zeilen zerlegt werden müssen, weilder Informationsgehalt eines Bildes mit keinemÜbertragungsverfahren simultan und vollständig übermitteltwerden kann“ - womit auch klar gesagt ist,daß der medienarchäologische <strong>Blick</strong> (als Subjekt wie alsObjekt) zunächst Daten, aber nicht Bilder sieht.Bildtelegraphie wäre sonst kaum ermöglicht worden.Erwin Panofsky beschreibt in Die Perspektive als symbolischeForm (1924/25) diesen „mathematisierten Raum“. 133Die Rede ist von „symbolischer Form“, weil es sich nicht umeine physiologisch ("natürlich") gegebene Form handelt. <strong>Der</strong>Bildinhalt interessiert hier nur, insofern er sich partiellals Funktion dieser perspektivischen Konstruktion erweist -die Schnittstelle von Medienarchäologie und Kunstgeschichte.Im Unterschied zu Alberti ging die antike Malerei und(Tempel)Architektur von der sphärischen Linie (Krümmung) aus;der Krümmung (durch die Augenlinse) wird durch künstlicheGegenkrümmung (entasis) entgegengerechnet, vergleichbar demBegriff der „destruktiven Interferenz“ in der Akustik.Alberti und Gutenberg stehen im 15. Jahrhundert imepistemischen Verbund des (typo)graphischen Raums; dieEinführung des perspektivischen „Zentralpunkts“ (Fluchtpunkts)wiederum korrespondiert mit Fibonacci von Pisas Einführung derNull in die abendländische Mathematik. 134Doch ebenso ist ein konkretes katoptrisches Medium, derSpiegel, im Spiel. Denn die Geburt der Perspektive verdankt131Dazu Mario Carpo, xxx132Claus Pias, Kulturfreie Bilder, Berlin (Kulturverlag Kadmos) 2006133In: Erwin Panofsky, Studies in Iconology, New York (Oxford University Press) 1939; erw. Neuauflage 1962und 1972. Ferner: Samuel Edgerton, Die Entdeckung der Perspektive, München (Fink) 2003134Brian Rotman, , Berlin (Kulturverlag Kadmos) xxx

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