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Artenschutzprogramm in Sachsen - Publikationen - Freistaat Sachsen

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2.1.3 Bestandsentwicklung<br />

Die Rekonstruktion der Bestandsentwicklung des Weißstorchs<br />

<strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong> seit Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhunderts bereitet e<strong>in</strong>ige<br />

Schwierigkeiten. Ursache hierfür s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en die im Verlaufe<br />

des Jahrhunderts – <strong>in</strong>sbesondere im nördlichen und öst -<br />

lichen <strong>Sachsen</strong> – veränderten Landesgrenzen. Des weiteren<br />

gibt es große Erfassungslücken, vor allem aus der Zeit des<br />

2. Weltkrieges und <strong>in</strong> den Jahren danach. Und schließlich<br />

haben auch unklare Angaben zum Brutstatus (z. B. Bezeichnungen<br />

wie „besetzte und beflogene Nester“ oder die Addition<br />

von ehemals vorhandenen und noch besetzten Nestern)<br />

dazu geführt, daß die frühere Bestandsentwicklung nicht<br />

exakt nachvollzogen werden kann. Erst mit der Arbeit<br />

von SCHÜZ (1952) und der damit verbundenen Vere<strong>in</strong>heit -<br />

lichung der Bezeichnungen gelang e<strong>in</strong>e Verbesserung.<br />

Bestandsentwicklung vor 1950<br />

Der Brutbestand unterlag stets beträchtlichen Schwankungen,<br />

wobei zwischen kurzfristigen (z. B. „Störungsjahre“)<br />

und langfristigen Veränderungen zu unterscheiden ist. E<strong>in</strong><br />

Tiefpunkt wurde im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts erreicht,<br />

nachdem es <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong> „vor zwei- bis dreihundert<br />

Jahren im Niederlande noch Störche genug gegeben hat“<br />

(DÖRFEL 1926). Westsachsen besaß 1906 10 besetzte Nester;<br />

1924 war der letzte Brutplatz <strong>in</strong> Malkwitz bei Oschatz<br />

verwaist (ZIMMERMANN 1933). Im Jahre 1928 umfaßte der<br />

Der Weißstorch <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />

Tab. 4: Altkreise mit hohen Storchendichten (HPa/100 km 2 ) 1958 und 1999<br />

Regierungsbezirk Altkreis 1958 1999<br />

Dresden Großenha<strong>in</strong> 2,4 9,3<br />

Bautzen 3,3 8,1<br />

Niesky 3,1 6,9<br />

Leipzig Torgau 2,5 5,2<br />

Wurzen 2,3 4,8<br />

Eilenburg 1,4 4,1<br />

Abb. 9: Fliegender Weißstorch<br />

Foto: Archiv LfUG, R. Schipke<br />

sächsische Bestand nur 13 Brutpaare (DÖRFEL 1926, SCHOL-<br />

ZE & LIEBMANN 1930, GÜNTHER 1960/62). Die 1930er Jahre<br />

brachten e<strong>in</strong>en Bestandsanstieg mit dem Höchststand zwischen<br />

1934 und 1940. In Ostsachsen waren 1934 m<strong>in</strong>destens<br />

83 besetzte Nester zu verzeichnen (ZIMMERMANN<br />

1933), <strong>in</strong> Westsachsen m<strong>in</strong>destens 13 (ZIMMERMANN &<br />

BÖHMER 1941). Die Erfassungen <strong>in</strong> den Kriegs- und Nachkriegsjahren<br />

weisen die bereits erwähnten Lücken auf; der<br />

Bestand hielt sich jedoch trotz zusätzlicher kriegsbed<strong>in</strong>gter<br />

Verluste etwa auf dem Niveau der 1930er Jahre. GÜNTHER<br />

(1956), der sich mit dem Weißstorchbestand der Kreise Riesa<br />

und Großenha<strong>in</strong> nach 1945 befaßte, stellte dazu fest, „daß<br />

früher geäußerte Befürchtungen, der Storch werde bald aussterben,<br />

nicht begründet s<strong>in</strong>d“.<br />

Die Ursachen des zeitweilig starken Bestandsrückganges <strong>in</strong><br />

der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren sowohl Verluste<br />

während des Zuges und im W<strong>in</strong>terquartier (Verfolgung<br />

durch den Menschen, Aufnahme vergifteter Heuschrecken,<br />

vgl. KLENGEL 1918, DÖRFEL 1926) als auch Bee<strong>in</strong>trächtigungen<br />

im heimischen Brutgebiet. Dazu werden Zerstörung<br />

des Lebensraumes (Bergbau, Entwässerung), Gefährdungen<br />

durch Elektroanlagen, Abschuß (Jagd, Abwehr von Fischereischäden<br />

[!], Kriegswirren), Niststättenmangel (Gebäudeabriß<br />

bzw. –modernisierung, Baumfällungen) und auch<br />

Kämpfe um den Nistplatz genannt. Zu diesen stellte jedoch<br />

bereits KLENGEL (1918) fest, daß sie ihren Grund offenbar<br />

nicht im Mangel an Niststätten haben, da es „ja auch zahlreiche<br />

leerstehende (geeignete) Nester im Lande gibt“.<br />

Bestandsentwicklung 1950 bis 1999<br />

Die Entwicklung der Weißstorchpopulation <strong>Sachsen</strong>s <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

derzeitigen Grenzen von 1950 bis 1999 ist <strong>in</strong> Abb. 10<br />

dargestellt. Die Werte bis 1957 s<strong>in</strong>d lückenhaft. Im Jahre<br />

1958 erfolgte e<strong>in</strong>e erste (vollständige) Bestandsaufnahme<br />

für das Gebiet der DDR (SCHILDMACHER 1960). Für die ersten<br />

Jahre nach 1958 konnten wiederum nicht alle Daten<br />

ermittelt werden, obwohl durch die sächsischen Weißstorchbetreuer<br />

versucht wurde, die Geschichten aller seit<br />

1950 bestehenden Nester zurückzuverfolgen. Der Brutbestand<br />

zeigt seit 1950 e<strong>in</strong>e stetige Zunahme. Im Jahre 1972<br />

erreichte er erstmals über 200 Nestpaare (HPa) und im Jahre<br />

1980 nisteten bereits 300 HPa <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong>. Seit 1995 weist<br />

der sächsische Bestand mit über 400 Nestpaaren und e<strong>in</strong>er<br />

Dichte von bis zu 2,42 HPa/100 km 2 (1996) e<strong>in</strong>e auch<br />

deutschlandweit bedeutende Charakteristik auf.<br />

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