Artenschutzprogramm in Sachsen - Publikationen - Freistaat Sachsen
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Abb. 82: Schutzhauben auf stehenden Isolatoren; 1998,<br />
Welxande/Lkr. Riesa-Großenha<strong>in</strong><br />
Foto: P. Reuße<br />
den kle<strong>in</strong>sten für die erforderliche Stabilität notwendigen<br />
Durchmesser haben. Durch den relativ schwachen Rohrdurchmesser<br />
und die glatte Oberfläche werden Störche von<br />
vornhere<strong>in</strong> davon abgehalten, e<strong>in</strong>e solche Stange als Sitzplatz<br />
zu benutzen. Vor allem auf den Zugwegen außerhalb<br />
<strong>Sachsen</strong>s treffen die Störche auf gefährliche Freileitungen.<br />
Wenn Störchen die Nutzung von Freileitungsmasten als<br />
Sitzplatz verwehrt wird, können sich evtl. auch weniger Gewöhnungseffekte<br />
entwickeln, die sich später verhängnisvoll<br />
auswirken. Aus diesem Grunde s<strong>in</strong>d Traversen mit Hänge -<br />
isolatoren, die ja e<strong>in</strong>e bevorzugte Sitzgelegenheit bieten, als<br />
bedenklich anzusehen, zum<strong>in</strong>dest so lange es noch gefähr -<br />
liche Leitungsmasten gibt. Das über dem Querträger angebrachte<br />
Plastikrohr kann se<strong>in</strong>e Abweiserfunktion jedoch nur<br />
erfüllen, wenn der Abstand zur Traverse nicht zu groß ist<br />
und die äußeren Isolatoren vom Rohr noch überragt werden.<br />
Als Faustregel für den Höhenabstand zur Traverse gilt e<strong>in</strong><br />
Abstand von nicht mehr als zwei Isolatorlängen. Da die<br />
Längen der Querträger oftmals unterschiedlich s<strong>in</strong>d, muß<br />
hier unbed<strong>in</strong>gt auf die M<strong>in</strong>destmaße geachtet werden. S<strong>in</strong>d<br />
diese Anforderungen nicht erfüllt, so daß das Rohr zu hoch<br />
über den Isolatoren angebracht und <strong>in</strong> der Länge zu kurz bemessen<br />
ist, können Störche weiterh<strong>in</strong> auf den gefährlichen<br />
Traversen landen und verunglücken.<br />
5.3.2 Veränderung der Trassenführung<br />
Bei langen Trassen mit gefährlicher Bauweise sieht die Lage<br />
bezüglich der Entschärfung anders als bei E<strong>in</strong>zelmasten aus.<br />
E<strong>in</strong>e kurzfristige Lösung – wie bei E<strong>in</strong>zelmasten meist möglich<br />
– kann bei Leitungs trassen aus betriebswirtschaftlichen<br />
Gründen nicht sogleich erfolgen. Abhilfe ist hier nur suk -<br />
zessive möglich, z.B. bei planmäßigen Wartungen. Viele der<br />
alten Leitungen s<strong>in</strong>d verschlissen und genügen den heutigen<br />
Anforderungen nicht mehr. Aus diesen Gründen wird von<br />
Seiten der EVU <strong>in</strong> vielen Gebieten auch über veränderte<br />
Trassenführungen nachgedacht. Den EVU sollten deshalb<br />
vorhandene Problem bereiche möglichst schnell angezeigt<br />
Schutz maßnahmen<br />
werden, damit Vogelschutzbelange von vornhere<strong>in</strong> beachtet<br />
werden können. Andererseits sollten die EVU bereits im<br />
Vorfeld solche Planungsabsichten der unteren Naturschutzbehörde<br />
mitteilen. Im Landkreis Riesa-Großenha<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d auf<br />
diese Weise e<strong>in</strong>ige besonders gefährliche Abschnitte bereits<br />
weggefallen. In der Regel wird bei e<strong>in</strong>er Neutrassierung mehr<br />
alte Freileitungsstrecke abgebaut als neue h<strong>in</strong>zukommt. Oft<br />
gibt es für die Neutrassierung mehrere Varianten, wobei<br />
dann die günstigste gewählt werden kann. Bei der Trassierung<br />
von Freileitun gen sollte man grundsätzlich Wasser- und<br />
Wiesenvogelgebiete sowie Brut- und Nahrungshabitate umgehen.<br />
Aus Vo gelschutzsicht ist e<strong>in</strong>e Erdverkabelung natürlich<br />
die sicherste Lösung, welche aber nicht immer möglich<br />
se<strong>in</strong> wird. Die notwendigen Baumaßnahmen können z. B.<br />
zu negativen Folgen für das Grundwasserregime führen. Bei<br />
pflugfähigen Strecken s<strong>in</strong>d die Kosten der Erdkabelverlegung<br />
gegenüber der Freileitung heute bereits günstiger.<br />
Die zuständigen unteren Naturschutzbehörden haben naturschutzrechtlich<br />
gesicherte Möglichkeiten (E<strong>in</strong>griffsregelung,<br />
Artenschutz, Schutzgebiete) der E<strong>in</strong>flußnahme auf<br />
Trassenführungen und Entschärfung gefährlicher Masten.<br />
Die Gefährlichkeit von Freileitungen für Vögel <strong>in</strong> ihrer gesamten<br />
Komplexität (auch aus Sicht der EVU!) können<br />
aber nur wenige Spezialisten <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit örtlichen<br />
Kennern richtig beurteilen. Bei entsprechenden Planungen<br />
sollten anerkannte Spezialisten e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />
5.3.3 Verh<strong>in</strong>derung von Leitungsanflügen<br />
Nieder- und Hochspannungsfreileitungen stehen <strong>in</strong> ihrem<br />
Gefährdungspotential für Störche weit h<strong>in</strong>ter Mittelspannungsfreileitungen<br />
zurück. Während die Gefahrenabwehr bei<br />
Masten im Mittelspannungsbereich als technisch recht gut<br />
gelöst anzusehen ist, erweist sich die Verh<strong>in</strong>derung des Leitungsanfluges<br />
als noch weitgehend unbefriedigend, <strong>in</strong>sbesondere<br />
im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e gewisse Standardisierung. Zum<br />
E<strong>in</strong>satz kamen bisher hauptsächlich Markierungen der Leiterseile<br />
mit sogenannten Markern (verschiedene Formen und<br />
Farben von Wimpeln, Bändern, Kugeln, Spiralen usw.), vorwiegend<br />
im Hochspannungsbereich und <strong>in</strong> Gebieten mit Vogelkonzentrationen,<br />
<strong>in</strong> denen verstärkter Vogelschlag festgestellt<br />
wurde. Da Freileitungen <strong>in</strong> der Regel über lange Zeiträume<br />
existieren, sollten wirksame Markierungen e<strong>in</strong>e lange<br />
Lebensdauer aufweisen und nicht zu Schäden an den Leiterseilen<br />
führen. Durch ihre w<strong>in</strong>dexponierte Lage unterliegen<br />
die Marker Dauerbelastungen, die Abnutzungsersche<strong>in</strong>ungen<br />
verursachen. Die weitaus meisten der betroffenen Vogelarten<br />
reagieren auf Schwarz-Weiß-Effekte, auch bereits<br />
auf größere Entfernung. Farbeffekte spielen bei schlechten<br />
Witterungs- und Sichtverhältnissen kaum noch e<strong>in</strong>e Rolle.<br />
Welche Bedeutung bei der Früherkennung von H<strong>in</strong>dernissen<br />
eventuelle Bewegungen von Markern besitzen und ab welcher<br />
Flächengröße diese mit der richtigen Entfernungse<strong>in</strong>schätzung<br />
wahrgenommen werden, um e<strong>in</strong> rechtzeitiges<br />
Ausweichmanöver zu ermöglichen, sollte weiter gezielt untersucht<br />
werden.<br />
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