Artenschutzprogramm in Sachsen - Publikationen - Freistaat Sachsen
Artenschutzprogramm in Sachsen - Publikationen - Freistaat Sachsen
Artenschutzprogramm in Sachsen - Publikationen - Freistaat Sachsen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Übergangs matrix T ergibt die jährlichen neuen Bestandsgrößen<br />
für alle Generationen. Wird für e<strong>in</strong>en Zeitraum mit<br />
e<strong>in</strong>em Durchschnittswert der Nachwuchsziffer JZa gerechnet,<br />
bedeutet dies im allgeme<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e konstante Übergangsmatrix<br />
T. In diesem Fall führt die wiederholte Multiplikation<br />
entsprechend der aufe<strong>in</strong>ander folgenden Jahre<br />
nach der Matrizentheorie zu zwei bemerkenswerten Eigenschaften:<br />
1. Unabhängig von der Altersklassenmatrix A0 (der „Startmatrix“<br />
mit der ersten angenommenen Verteilung des regionalen<br />
Storchenbestandes auf die e<strong>in</strong>zelnen Altersklassen)<br />
stellt sich e<strong>in</strong>e neue, konstant bleibende Altersstruktur<br />
abhängig von den Elementen von T e<strong>in</strong>.<br />
2. Das Verhältnis entsprechender Elemente (z. B. HP6 i zu<br />
HP6 i+1) der Altersklassenmatrizen der aufe<strong>in</strong>anderfolgenden<br />
Jahre wird konstant. Dieses Verhältnis ist die<br />
Nettoreproduktionsrate, ebenfalls nur von den Elementen<br />
von T abhängig.<br />
Im Falle der Verwendung jährlicher Nachwuchsziffern verliert<br />
die Übergangsmatrix ihre Konstanz; die Eigenschaften<br />
1 und 2 gelten dann als grundsätzliche Tendenz.<br />
Die aus der Nettoreproduktion ermittelte Bestandsentwicklung<br />
wird im allgeme<strong>in</strong>en nicht mit der beobachteten<br />
(realen) Bestandsentwicklung übere<strong>in</strong>stimmen. Werden<br />
bestehende Mängel <strong>in</strong> der Berechnung, wie getroffene<br />
Vere<strong>in</strong>fachungen im Modell, Ungenauigkeiten bei der<br />
Festlegung der Parameterwerte und der Struktur der E<strong>in</strong>gangsaltersklassenmatrix<br />
A0 vernachlässigt, muß <strong>in</strong> normalen<br />
Jahren die Bestandsdifferenz das Ergebnis der Dismigration<br />
se<strong>in</strong>. Ist der berechnete Bestand niedriger als der<br />
real festgestellte, hat e<strong>in</strong>e Zuwanderung von Vögeln aus<br />
anderen Regionen stattgefunden. So gilt:<br />
errechneter Bestand Nettoreproduktion + Dismigration =<br />
Realbestand<br />
Als Träger dieser Wanderbewegung s<strong>in</strong>d vor allem die brutwilligen<br />
Jungvögel anzusehen. Auch sie kehren vorzugsweise<br />
<strong>in</strong> ihr Heimatgebiet zurück („Dispersal“). Je nach der<br />
vorliegenden ökologischen Situation f<strong>in</strong>den sie e<strong>in</strong> eigenes<br />
Territorium für die Brut oder sie müssen, <strong>in</strong> den Storchenkämpfen<br />
den Altvögeln meist unterlegen, <strong>in</strong> ihrer weiteren<br />
Wanderung e<strong>in</strong>e andere Region suchen („Spac<strong>in</strong>g“).<br />
Entsprechend ihrer Standorttreue werden sie <strong>in</strong> den folgenden<br />
Jahren dorth<strong>in</strong> wieder zurückkehren. In diesem S<strong>in</strong>ne<br />
stehen Standorttreue e<strong>in</strong>erseits und Ansiedlung andererseits<br />
beim Weißstorch nicht im Widerspruch (vgl. Kap. 2.3.4).<br />
Für die quantitative Bestimmung der Dismigration wird bei<br />
der Berechnung der ersten Brutgeneration HP5 e<strong>in</strong> weiterer<br />
Summand Z h<strong>in</strong>zugefügt, der die Anzahl der jährlichen<br />
Brutpaare aus Abwanderung (M<strong>in</strong>uswert) oder Zuwanderung<br />
(Pluswert) nachbildet. Damit erhält die Nettoreproduktionsrechnung<br />
e<strong>in</strong>e neue Dimension, sie wird die<br />
Grundlage zur quantitativen Abschätzung der überregionalen<br />
Umsiedlung.<br />
56<br />
Der Weißstorch <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong><br />
Jahr i i+1<br />
Realbestand<br />
HPG1<br />
(+)<br />
(-)<br />
JZa/b/p<br />
Stab.diff.<br />
DF<br />
• realer Brutpaarbestand des Jahres i HPG1<br />
• realer Brutpaarbestand des Jahres i+1 HPa<br />
• errechneter Brutpaarbestand des Jahres i+1 HPG<br />
• Stabilitätsdifferenz DF = HPG - HPG1<br />
• Dismigration Z = HPa – HPG<br />
• Nettoreproduktionsrate NR = HPG / HPG1<br />
• Dismigrationsrate ZR = Z / HPa<br />
Es wurde das PC-Programm „Nettoreproduktion“ geschaffen,<br />
mit dem die folgenden Beispiele bearbeitet wurden.<br />
Grundsätzlich ist dieses Programm auch für andere Vogelarten<br />
anwendbar.<br />
Die das Ergebnis der Rechnung dokumentierenden Kennziffern<br />
Nettoreproduktion, Stabilitätsdifferenz, Dismigration<br />
und Dismigrationsrate werden <strong>in</strong> Abb. 62 veranschaulicht.<br />
In der Berechnung der Nettoreproduktion wurden entsprechend<br />
der Auswertung der Wiederfunde ber<strong>in</strong>gter Vögel (s.<br />
Kap. 2.3.5) folgende Überlebensraten verwendet:<br />
• p0 = 0.43 1. Lebensjahr<br />
• pi = 0.79 2. – 14. Lebensjahr<br />
• pj = 0.70 15./16. Lebensjahr<br />
Realbestand<br />
HPa<br />
Dismigration<br />
Z<br />
Bestand<br />
Nettoreproduktion<br />
HPG<br />
Abb. 62: Kenngrößen des Populationsmodells<br />
Da für das 15. und 16. Lebensjahr wegen ungenügender<br />
Datenmenge ke<strong>in</strong>e verwertbaren Angaben vorliegen, wurden<br />
die Überlebensraten für diese Lebensjahre auf pj = 0.70<br />
geschätzt.<br />
2.6.2 Ergebnissse und Schlußfolgerungen<br />
Aus den mit dem PC-Programm gewonnenen Ergebnissen<br />
für den Bearbeitungszeitraum von 1961–1999 ergeben sich<br />
die <strong>in</strong> Abb. 63 a) und b) gezeigten Kurvenverläufe DF3M,<br />
Z3M, NR3M und ZR3M (3M = gleitender Durchschnitt,<br />
s. o.). In der Tabelle <strong>in</strong> Anlage 1 s<strong>in</strong>d die entsprechenden<br />
Werte zusammengestellt.