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Artenschutzprogramm in Sachsen - Publikationen - Freistaat Sachsen

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„Hängematte“ (Vorrichtung zum Aufhängen von am Be<strong>in</strong><br />

verletzten Vögeln) e<strong>in</strong>zurichten. In jedem Fall ist mehrmals<br />

täglich e<strong>in</strong>e Kontrolle durchzuführen, bei der der Storch <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e physiologische Haltung zu br<strong>in</strong>gen ist.<br />

Leichter verletzte Patienten br<strong>in</strong>gt man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nicht zu<br />

großen Voliere (ca. 2 x 3 m s<strong>in</strong>d ausreichend) unter, die mit<br />

möglichst weichem Maschendraht oder Volierennetz umgeben<br />

ist. So kann man den Vogel regelmäßig und ohne größeren<br />

Aufwand schonend zur Behandlung e<strong>in</strong>fangen. Vorsicht<br />

ist vor allem anfangs noch mit den Bademöglichkeiten<br />

geboten. Vögel, die lange Zeit ke<strong>in</strong> Bad nehmen konnten,<br />

ertr<strong>in</strong>ken schnell <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zu tiefen oder steilufrigen<br />

Becken/Teich.<br />

Genesende Störche und solche, die auf e<strong>in</strong>e Auswilderung<br />

vorbereitet werden sollen, hält man <strong>in</strong> größeren Freiland -<br />

volieren, <strong>in</strong> denen sie sich wieder an e<strong>in</strong>e weitgehend natürliche<br />

Ernährungsweise gewöhnen und notwendige Energiereserven<br />

bilden können. Besonders <strong>in</strong> dieser Phase schafft<br />

die Gabe von (fettarmem) Naturfutter die notwendigen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

für den Stoffwechsel, der nach der Freilassung<br />

besonders gefordert wird (THOMAS 1987).<br />

5.5.6 Auswilderung/Freilassung<br />

Nur e<strong>in</strong> vollständig genesener bzw. gesunder Storch kann <strong>in</strong><br />

die Freiheit entlassen bzw. <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Nest gesetzt werden. Über<br />

den richtigen Zeitpunkt entscheiden der Tierarzt und der<br />

Pfleger geme<strong>in</strong>sam. Der Tierarzt beurteilt den Gesundheitszustand,<br />

der Tierpfleger die aufgenommene Futtermenge<br />

und das Verhalten.<br />

In jedem Fall s<strong>in</strong>d die ortsansässigen Weißstorchschützer<br />

rechtzeitig e<strong>in</strong>zubeziehen, um geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>en geeigneten<br />

Ort und Term<strong>in</strong> der Freilassung festzulegen, die Vögel zu<br />

markieren und Absprachen für e<strong>in</strong>e Erfolgskontrolle zu<br />

treffen.<br />

Wenig Probleme bereitet die Freilassung erfahrener Altstörche,<br />

wenn man sie <strong>in</strong> der Nähe des Fundortes aussetzt. Sie<br />

kennen <strong>in</strong> der Regel die Umgebung und die vorhandenen<br />

Nahrungsquellen. Flügge Jungstörche sollten schon vor der<br />

Freilassung möglichst nicht alle<strong>in</strong>, sondern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe<br />

gehalten werden und danach die Möglichkeit erhalten, sich<br />

e<strong>in</strong>em Zugtrupp anzuschließen.<br />

Nestjunge Störche setzt man im Alter von etwa drei Wochen<br />

am besten <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Wildstorchnest, das nur 1–2 Junge enthält.<br />

Die Altvögel akzeptieren das im allgeme<strong>in</strong>en ohne Probleme.<br />

So hat man die Gewähr, daß es bei den adoptierten Jungen<br />

zu ke<strong>in</strong>erlei Fehlprägungen kommt und sie ganz normal<br />

flügge werden. Vorsicht ist angeraten, wenn man die Jungen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Nest setzen will, <strong>in</strong> dem (auch nur kurzzeitig) ke<strong>in</strong>e<br />

Jungstörche mehr waren. Hier kann es zu aggressiven Verhaltensweisen<br />

der noch anwesenden Altvögel kommen.<br />

Erstrebenswert ist e<strong>in</strong>e Erfolgskontrolle nach der Auswilderung.<br />

Wenn die Tiere ber<strong>in</strong>gt und ggf. farbmarkiert werden,<br />

können das die ohneh<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Beobachtung und R<strong>in</strong>gab -<br />

lesung erfahrenen Weißstorchschützer der Region übernehmen.<br />

Schutz maßnahmen<br />

5.5.7 Erfolgsaussichten<br />

Über den Erfolg der Pflege verletzter Weißstörche gibt es<br />

verschiedene Angaben. Sehr große Erfahrungen besitzen<br />

die Mitarbeiter des Storchenhofes <strong>in</strong> Loburg (<strong>Sachsen</strong>-Anhalt).<br />

KAATZ (1997) gibt für die zwischen 1979 und 1996<br />

e<strong>in</strong>gelieferten 616 Störche folgende Zahlen an: 64,2 % wurden<br />

wieder freigelassen, 22,4 % verendeten oder wurden<br />

e<strong>in</strong>geschläfert, der Rest blieb verletzt <strong>in</strong> Menschenobhut.<br />

Die Freilassungsquote für 70 Störche, die <strong>in</strong>nerhalb von<br />

10 Jahren im Naturschutz-Tierpark Görlitz e<strong>in</strong>geliefert wurden,<br />

lag bei 47 %; 20 % s<strong>in</strong>d im Tierpark verblieben und<br />

33 % gestorben bzw. euthanasiert worden.<br />

Selbst wenn man den ger<strong>in</strong>geren der beiden genannten Prozentsätze<br />

betrachtet, s<strong>in</strong>d die Erfolgsaussichten mit m<strong>in</strong>destens<br />

50 % so groß, daß sich der verhältnismäßig große Aufwand<br />

für die Pflege verletzter Weißstörche „lohnt“. Damit<br />

lassen sich durchaus Bestandsstützungen <strong>in</strong> nicht unerheblicher<br />

Höhe erreichen. Bezogen auf den Altkreis Görlitz s<strong>in</strong>d<br />

beispielsweise zwischen 1989 und 1999 so viele Störche<br />

wieder ausgewildert worden, wie e<strong>in</strong> „gutes Storchenjahr“<br />

an flüggen Jungen br<strong>in</strong>gt.<br />

Abb. 86: e<strong>in</strong>gliedern von aus abgeworfenen eiern künst -<br />

lich aufgezogenen jungen Weißstörchen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Weißstorchbrut; 25.06.1999, Villa Naturschutz-<br />

Tierpark Gör litz Foto: A. Gebauer<br />

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