Lernwirkungen neuer Lernformen - ABWF
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nach, inwieweit dieses mit den eigenen bisherigen Denkmustern vereinbar ist und erfolgreiches<br />
Handeln ermöglicht, sondern gleichfalls danach, ob unsere Mitmenschen diese Vorstellungen<br />
teilen und ähnlich erfolgreich agieren. Erst über diese intersubjektive Ebene wird unsere<br />
eigene Erfahrungswirklichkeit stabilisiert und gefestigt. Wenn Begriffe, Handlungsschemata,<br />
Ziele und Gefühle auch von anderen geteilt werden, erscheinen sie realer, als das, was<br />
nur von einem selbst erlebt wird. Nur über den sozialen Austausch - durch „strukturelle Koppelung“<br />
- schaffen wir uns erst eine sozial akzeptierte Wirklichkeit, die wiederum Voraussetzung<br />
für gegenseitige Verständigung ist. Konstruktivistische Vertreter haben dafür den biologischen<br />
Begriff der Koevolution in die Diskussion eingeführt. Mit diesem Begriff soll zum<br />
Ausdruck kommen, dass Lebewesen nicht allein durch die Umwelt determiniert sind oder sich<br />
lediglich an diese anpassen, sondern dass Lebewesen sich mit der Umwelt entwickeln und<br />
selbst neue Umwelten schaffen. Für Lehr-/Lernsituationen erfordert Koevolution, den Blickwinkel<br />
auf eine produktive Lernatmosphäre in einer Gruppe von Lernenden zu lenken, da sich<br />
die Lernenden gemeinsam und miteinander entwickeln, in dem sie sich etwa gegenseitige Anregungen<br />
geben. Entscheidend werden dann Feedbackprozesse, die den Lernenden in seiner<br />
Wissenskonstruktion orientieren.<br />
2.2.1.2 Gestaltungsprinzipien einer konstruktivistischen Didaktik<br />
Der konstruktivistische Ansatz verdeutlicht, dass didaktische Modelle, die Lernende als ‘einfache<br />
Maschinen’, die im Sinne eines Input-Output-Verfahrens funktionieren und als zu ‚füllende<br />
Container’ (vgl. Arnold 1993) wahrnehmen, nicht tragen, da sie Lernen als eine fremdorganisierte<br />
Entwicklung interpretieren. Denn Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit<br />
sowie Kreativität lassen sich in einer hierarchisch strukturierten Lernsituation kaum entfalten.<br />
Entscheidungsfähigkeit kann nicht herausgebildet werden, wo es nichts zu entscheiden gibt;<br />
und die Fähigkeit zum selbstständigen Problemlösen kann sich kaum entwickeln, wenn schematisiertes<br />
und routinehaft-vorgegebenes Handeln das wesentliche Merkmal der Arbeitstätigkeit<br />
ist.<br />
Die hier skizzierte konstruktivistische Perspektive stellt diese Modelle vom „Kopf auf die Füße“:<br />
An die Stelle der „Erzeugungsdidaktik“ ist eine individuelles Lernen ermöglichende Didaktik<br />
getreten (vgl. Arnold/ Schüßler 1998, S. 120ff.). Lernen vollzieht sich dabei als ein<br />
weitgehend selbstorganisiert ablaufender Aneignungsprozess der Lernenden, dessen Resultate<br />
vom Lehrenden zwar durch die Ermöglichung von Differenzerfahrungen initiiert und durch<br />
ein entsprechendes Lehr-Lern-Arrangement gefördert, aber nicht erzeugt und gewährleistet<br />
werden können. Für das didaktische Handeln ergeben sich daraus u.a. folgende Konsequenzen:<br />
- Wenn Denken, Lernen und Wissensaufbau nicht von der Umwelt determiniert oder instruiert,<br />
sondern durch die vorhandenen (kognitiven und emotionalen) Strukturen bestimmt<br />
werden und somit von bisherigen Erfahrungen abhängen, dann müssen Lernumgebungen<br />
an vorhandene Wissensstrukturen anschließen, solche gar gezielt wieder ins Bewusstsein<br />
heben (z.B. Erstellen kognitiver Landkarten), wodurch Lernende ihre vorhandenen<br />
Wissensnetze differenzieren, ergänzen und modifzieren können.<br />
- Damit Neues überhaupt wahrgenommen und als bedeutsam in bestehende Wissensstrukturen<br />
integriert wird, ist es erforderlich, dass Lernumgebungen Wahrnehmungs- und Bedeutungsunterschiede<br />
sowie ein Nichtverstehen bewusst im Lernprozess aufgreifen und in<br />
bedeutsame Differenzerfahrungen überführen. Wenn Lernende sich allerdings auf diese<br />
Verunsicherungen einlassen sollen, müssen Lernumgebungen durch Hilfe- und Beratungs-<br />
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