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kurzgeschichte - SpecFlash

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»Bereust du es, Pirat geworden zu sein – ein<br />

Gesetzloser?«<br />

Er sah mich mit seinen traurigen, in Fettpölsterchen<br />

eingebetteten Augen an. »Ich hatte keine<br />

Wahl, mein Weg war vorbestimmt, seit ich mich<br />

auf Hyppion den Rebellen angeschlossen hatte.«<br />

»Ich weiß nicht«, sagte ich zweifelnd. »Man hat<br />

immer die Wahl, die Richtung zu wechseln.«<br />

»Das sagt sich leichter, als es geht.«<br />

Danach tauschten wir Erinnerungen aus. Raffael<br />

wusste unzählige Anekdoten zu berichten. Von<br />

seinen Reisen durch das Weltall, vom Leben auf<br />

Tabarot und anderen exotischen Welten – und<br />

über seine Kaperfahrten.<br />

»Ich habe immer versucht, ein Mensch mit<br />

reinem Gewissen zu bleiben, der sich nicht zu<br />

scheuen braucht, sein Spiegelbild zu betrachten«,<br />

sagte er melancholisch. Er sagte aber auch:<br />

»Das ist nicht immer leicht und lässt sich manchmal<br />

nicht verwirklichen. Ich habe mich früher<br />

immer für einen Menschen mit Gerechtigkeitssinn<br />

und Nächstenliebe gehalten. Aber ich<br />

fürchte, ich habe gegen fast alle meine Prinzipien<br />

verstoßen. Ich bin verroht ... und zu den<br />

Guten gehöre ich längst nicht mehr.«<br />

Ich wollte tröstende Worte finden ... etwa, dass<br />

in ihm gewiss immer noch ein guter Kern<br />

steckte. Aber dann fiel mein Blick auf die bis zur<br />

Unbeweglichkeit eingesperrte Katze ... und ich<br />

wollte ihm das mit der Verrohung glauben.<br />

Stattdessen fragte ich: »Hat deine Schuld, die du<br />

auf dich genommen hast, etwas mit der<br />

Patrouille von Admiral Aljon Fukkon zu tun?«<br />

»Ach was!« Raffael winkte verächtlich ab. »Der<br />

hat von nichts eine Ahnung und hofft, mir etwas<br />

anhängen zu können, das mich für immer aus<br />

dem Verkehr zieht. Er hasst mich wie die Pest,<br />

weil ich ihn einmal bis in die Knochen blamiert<br />

habe.« Raffael erzählte den Vorfall: Der Admiral<br />

hatte ihm auf einem Asteroiden eine Falle<br />

Ars Poetica - von Alisha Bionda<br />

Ars Poetica 35<br />

gestellt; es ging dabei lediglich um ein geringfügiges<br />

Delikt, aus dem Fukkon eine Staatsaffäre<br />

machen und meinen Freund harter Bestrafung<br />

zuführen wollte. »Aber nicht mit mir«, fuhr<br />

Raffael fort. »Ich drehte den Spieß um, und dann<br />

war er mein Gefangener. Ich steckte ihn völlig<br />

nackt in einen durchsichtigen Raumanzug und<br />

schickte ihn so an Bord seines Flaggschiffs<br />

zurück. Die besondere Würze daran war, dass<br />

dort gerade eine Feierlichkeit stattfand, an der<br />

auch viele Frauen teilnahmen.« Raffael konnte<br />

nicht an sich halten und prustete los, während<br />

er sich auf die Schenkel schlug.<br />

»Eine gute Story«, urteilte ich und fiel in sein<br />

Lachen ein. Aber leider war es nur ein Histörchen<br />

und keine Geschichte, die Eingang in die<br />

ANALECTA GALACTICA hätte finden können.<br />

Raffael hatte noch mehr Erzählungen auf Lager,<br />

jedoch alle ähnlich gelagert, amüsant, aber<br />

nichts Besonderes.<br />

Was war denn nun mit der schönsten<br />

Geschichte des Universums? Angesichts des<br />

seichten Niveaus, das unsere Unterhaltung<br />

hatte, wagte ich ihn nicht darauf anzusprechen.<br />

Mein Gesicht wurde immer länger und die<br />

Enttäuschung musste deutlich daraus sprechen.<br />

Denn Raffael boxte mich in die Seite, fächelte<br />

mit der Hand vor meinen Augen und meinte:<br />

»Hey, Mozzi, aufwachen. Ich bin’s, dein Milchbruder<br />

Stuzzi. Was machst du denn nur für ein<br />

Gesicht!«<br />

»Ach, das ist ohne Bedeutung ...«<br />

»Keine faulen Ausreden. Sag schon, was los ist.<br />

Irgendetwas stimmt doch plötzlich nicht mit dir.«<br />

Ich seufzte und gestand: »Du hast in deiner<br />

Nachricht eine Geschichte erwähnt, die die ...«<br />

»... schönste Geschichte des Universums ist«,<br />

vollendete er den Satz. »Ehrenwort, ich habe<br />

nicht übertrieben. Es handelt sich um eine – was<br />

sage ich – um die Sensation schlechthin. Aber

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