kurzgeschichte - SpecFlash
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64<br />
<strong>kurzgeschichte</strong><br />
Ihre Gelegenheit.<br />
Sie dachte nicht weiter nach, als sie das Messer<br />
herauszog.<br />
Sie dachte nicht nach, als sie es in Edward<br />
rammte, und er schrie auf, nur stumm, aber sie<br />
hatte noch nie einen so beängstigenden Schrei<br />
gehört.<br />
Sein Körper zog sich zusammen, er fiel mit dem<br />
Kopf gegen die Herdplatte. Alles wirkte furchtbar<br />
surreal. Der sich auf den Boden krümmende<br />
Mann, aus dessen Rücken Blut floss wie Wasser<br />
aus einem Duschkopf. Die Herdplatte, an der<br />
Hautfetzen von Edwards Gesicht klebten. Das<br />
Messer in ihrer Hand, das rot glänzte und mit<br />
ihrem Körper bebte. Jene Worte, die aus dem<br />
Mund des Sterbenden wichen.<br />
»Warum? Warum hast … du das getan, Marie?«<br />
Er lebte noch.<br />
Ich muss es zu Ende bringen, dachte sie, kniete<br />
sich hin und stach auf ihn ein.<br />
»Bitte …«<br />
Blut rann aus seinem Mund.<br />
»Stell dich nicht dumm!«, schrie sie. »Als ob du<br />
nicht wüsstest, warum ich das getan habe.<br />
Warum ich das tun musste.«<br />
Über seine Pupillen zog sich ein Nebelschleier.<br />
»Gib es zu!«<br />
Das Messer glitt ihr aus der Hand, und fiel<br />
klirrend zu Boden. Sie hielt sich die Hände vors<br />
Gesicht.<br />
»Stell mich nicht als Böse dar.«<br />
Er röchelte.<br />
»Na schön. Dann zeige ich es dir eben!«, schrie<br />
sie. »Dann kannst du dich nicht mehr unschuldig<br />
stellen, du Mörder.«<br />
Sie rannte ins Wohnzimmer. Ihre Schuhe hinterließen<br />
Abdrücke aus Blut. Vom Sofa klaubte sie<br />
das Buch auf, mit dem alles begonnen hatte, und<br />
sie hetzte zurück zu Edward, wo sie sich auf die<br />
Knie fallen ließ. Sie beachtete nicht das Blut, das<br />
<strong>SpecFlash</strong> - das Portal in eine parallele Realität<br />
sich in ihre Hose zog, blätterte durch die Seiten<br />
des Buchs.<br />
»Ich habe den Blutfleck gesehen, weißt du. Ich<br />
hab ihn gesehen«, sagte sie und blätterte. Blätterte.<br />
Schlug Seite für Seite um. Blätterte vor<br />
und zurück.<br />
»Was«, begann sie, sah auf und der Anblick<br />
brannte sich in ihr ein.<br />
Edward war tot.<br />
Er war von ihr erstochen worden. Das Blut, das<br />
aus ihm geflossen war, hatte ein Herz auf den<br />
Fließen gebildet.<br />
Noch mehrere Minuten suchte sie in dem<br />
Buch. Da war kein Fleck.<br />
ENDE