kurzgeschichte - SpecFlash
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<strong>kurzgeschichte</strong><br />
»Haben wir nicht noch was von diesem Terpentin<br />
im Keller?«<br />
Ich sah ihn mit erhobener Augenbraue an.<br />
»Wenn du dich umbringen willst, tu es auf eine<br />
weniger schmerzhafte Weise.« Ich gab ihm mein<br />
Bier und stand auf, um mein Glück mit dem<br />
Kamin zu versuchen. Cole nahm meine Flasche<br />
und stellte seine leere auf den Boden.<br />
»Nicht für mich.« Er deute mit dem Daumen der<br />
freien Hand zum Fenster, das zum hinteren Teil<br />
des Grundstücks führte, »Für ihn.«<br />
»Das hatten wir doch schon mal. Als du ihm das<br />
letzte Mal was in den Drink getan hast, hat er<br />
nicht mal gehustet.« Ich nahm etwas trockenes<br />
Holz und legte es auf das bereits brennende<br />
Papierknäuel.<br />
»Tess?« Er beugte sich über mich.<br />
»Was ist?« Ich sah mit einem halben Auge auf<br />
die Anzeige meiner Digitaluhr und stellte fest,<br />
dass es noch nicht mal drei Uhr war.<br />
»Ich hab mir was überlegt.«<br />
Das sollte eine längere Unterhaltung werden.<br />
Also setzte ich mich auf und schaltete das Licht<br />
ein.<br />
»Und was hast du dir überlegt?«<br />
»Wir tun es.«<br />
»Was?«<br />
»Wir bringen ihn um. Heute Nacht.«<br />
»Ja. Und ich kaufe mir morgen den Eifelturm.«<br />
Ich schaltete das Licht aus.<br />
»Schatz, du musst schlafen. Es hat die letzten<br />
vier Male nicht geklappt.«<br />
Das Licht ging wieder an.<br />
»Ich meine es ernst. Komm schon, sieh mich<br />
an.«<br />
Ich sah ihn an.<br />
»Dieser alte Sack wird uns überleben. Tess,<br />
wenn wir uns weiter so mit ihm abplagen,<br />
werden wir noch verrückt.«<br />
<strong>SpecFlash</strong> - das Portal in eine parallele Realität<br />
»Das weiß ich auch. Meinst du etwa, dass mich<br />
das ganze nicht wurmt? Das hier ist immerhin<br />
mein Traumhaus. Ich hab geschlagene zehn<br />
Jahre danach gesucht. Aber er will nun mal nicht<br />
hier weg und an der Sache mit dem Wohnrecht<br />
können wir nicht rütteln.«<br />
»Diesmal klappt es!«<br />
»Das hast du auch gesagt, als du ihm dieses Zeug<br />
ins Glas getan hast.«<br />
»Das war ein Reinfall. Ja, ja…«<br />
»Lass uns einfach schlafen.«<br />
Er schleuderte die Decke vom Bett und stand<br />
auf. »Dann mache ich es eben allein.«<br />
»Sei doch nicht albern. Was hast du eigentlich<br />
vor?«<br />
Auf der Suche nach seinen Sachen stolperte er<br />
im Zimmer herum. Er sah mich fragend an. Nicht<br />
wegen meines Einwandes, sondern weil er sich<br />
anscheinend nicht daran erinnern konnte, wo er<br />
seine Socken geparkt hatte. Ich deutete mit dem<br />
Zeigefinger in Richtung Fensterbrett. Wie auch<br />
immer er das schaffte, sie waren da.<br />
»Erinnerst du dich noch?«<br />
Ich setzte mich auf den Bettrand und gab die<br />
Unwissende.<br />
»Letzten Herbst hast du mich gefragt, was ich<br />
denn mit einer Kettensäge anfangen will.« Er<br />
hatte beide Socken an den Füßen und steuerte<br />
auf die Tür zu.<br />
Ich saß noch einen Moment grübelnd auf dem<br />
Bett bis ich endlich verstand, was er mir damit<br />
sagen wollte. Nachdem mich der helle Blitz der<br />
Erkenntnis getroffen hatte stützte ich hinter ihm<br />
her.<br />
Er war schon längst aus der Hintertür raus. Und<br />
ich hatte um diese Uhrzeit noch etwas mit<br />
meiner Orientierung zu hadern. Es vergingen<br />
noch gute zwei Minuten bis ich meinen Mantel<br />
und die Wollmütze gefunden hatte und ihm<br />
folgen konnte.