kurzgeschichte - SpecFlash

Als ich humpelnd, noch an meinen Stiefeln
zupfend, am Schuppen ankam, dröhnte auch
schon das ungleichmäßige Röhren der Kettensäge.
Sie stotterte etwas. Kein Wunder. Sie hatte
schon vier Monate unbenutzt im Schuppen
verbringen müssen.
Cole erschien in der Tür und nickte mir zu. Wenn
er etwas gesagt hätte, wäre mir das eh entgangen.
Er steuerte schnurstracks auf das kleine
Haus am äußersten Ende unseres Grundstücks
zu. Ich hatte Mühe ihm durch den Schnee zu
folgen.
Er verschwand bereits in der Tür, die er wenige
Sekunden zuvor zu Kaminholz verarbeitet hatte,
als ich in einem Loch stecken blieb. Ich konnte
das Gleichgewicht nicht mehr halten und fiel
nach einigen Sekunden des Kämpfens, doch in
die Tiefen des Schnees. Mein Stiefel hatte sich
in einem Loch des alten Zaunes verfangen, den
wir im Sommer abgerissen hatten. Er war völlig
verfault gewesen und einige der Pfähle waren
abgebrochen. Eines der Enden hatte ich nun
gefunden. Mit einem kräftigen Ruck konnte ich
mich zwar befreien, landete aber noch einmal
im Schnee.
»Mist.«
kurzgeschichte 71
Tracy Stahlhut - Auf gute Nachbarschaft
Als ich mich aufkämpfte hörte ich plötzlich das
aufheulen der Kettensäge und die überraschten
Schreie eines alten Mannes. Ich konnte mir
seinen letzten Anblick nur zu gut vorstellen. Dein
Nachbar stürmt mitten in der Nacht mit einer
röhrenden Kettensäge in dein Schlafzimmer. Das
letzte was du siehst ist sein zufriedenes Gesicht.
Ich stand im Mondschein und wartete darauf,
dass Cole wieder aus dem Haus kam. Die Säge
war schon eine Weile verstummt.
Der Kamin brannte und wir hatten es uns mit
Decken und einem Glas Wein gemütlich
gemacht. Wir hatten das zersplitterte Holz der
Vordertür aufgesammelt und nun wärmte es
unsere Körper und das Haus von dem ich mein
ganzes Leben lang geträumt hatte.
ENDE